von Cordula Spangenberg

Das schwarze Schaf im Universum

Der Theologische Salon in Bochum fragt: Hat Jesus die Sünder in anderen Galaxien miterlöst, oder sind wir allein hier?

Plüschsessel, Kerzenschein und das Kaminfeuer auf dem Laptop-Bildschirm schaffen die Hörsaal-untypische Atmosphäre, die die Zuhörer beim „Theologischen Salon“ im Hinterzimmer der Bochumer Kneipe „Goldkante“ erwarten. Trotz der Feierabend-Stimmung wird hier jedoch wissenschaftliche Theologie betrieben, und der Mittwochabend, 18. Januar, geriet dabei zum Denksport philosophischer Art. Denn es ging um die Frage, ob Außerirdische – vorausgesetzt, es gibt sie überhaupt – sündigen können und demzufolge erlösungsbedürftig sind, mit anderen Worten: „Starb Jesus auch für die Klingonen?“. Weil ein solches zwischen Gott und „Star Trek“ angesiedeltes Thema überrascht, war Referent Dr. Christian Weidemann damit sogar einmal in der „New York Times“ zu kurzem Ruhm gelangt. Beruflich befasst er sich heute am Innsbrucker Institut für christliche Philosophie mit Fragen der Philosophischen Kosmologie, sucht also nach Antworten auf Probleme, die Raumfahrt und Kosmologie für die Theologie aufwerfen: Etwa, ob der Sabbat für Juden auf der Erdumlaufbahn auf anderthalb Stunden zusammenschnurre. Und ob Muslime im gleichen Raumschiff erkennen könnten, wo eigentlich Mekka liege. „Die Kosmologie ist nicht das schwierigste Problem des Christentums – so wie etwa die Theodizeefrage oder die Trinität“, gibt der Philosoph zu, „aber es macht Spaß, darüber nachzudenken.“

Wenn man sich darauf einlässt, hat es das Thema in sich. „Es gibt 200 bis 400 Milliarden Sterne in unserer Milchstraße, jenseits davon 125 Milliarden weitere Galaxien“, rechnet Weidemann vor, „wenn man diese Zahlen multipliziert, weiß man, von wie vielen Welten wir sprechen.“ Nach dem universalen Heilsanspruch des Christentums habe Christus die ganze Welt gerettet. Angenommen, es gebe außerirdische intelligente Zivilisationen: Werden diese Außerirdischen in ihrer Welt auch schuldig? Sind sie in Jesus miterlöst? Oder ist Jesus vielleicht zusätzlich auch in ihrer fernen Welt als Sohn Gottes aufgetreten?

Weidemann rechnet vor, wie viele erlösungsbedürftige Individuen in sämtlichen Galaxien des Universums innerhalb eines Zeitraums von 12 Milliarden Jahren seit der Entstehung lebensfreundlicher Planeten gelebt haben könnten. „Da wäre es extrem bemerkenswert, dass der Erlöser für alle Existenzen vor erst 2000 Jahren ausgerechnet auf unserem Planeten inkarniert wurde.“ Wenn er aber jeden Planeten einzeln erlösen wollte, müsste er an jedem Tag der 12 Milliarden Jahre in 250 Gestalten gleichzeitig inkarniert gewesen sein.

Den Erklärversuch, dass ein solcher Jesus vielleicht doch nicht wahrhaft Gott oder wahrhaft Mensch gewesen sei, hat die Kirche bereits in ihrer Frühzeit als häretisch abgelehnt. Der christliche Literat C.S. Lewis, der sich 1958 mit der Erlösung des Universums beschäftigte, beendete sein Grübeln mit der Vermutung, Gott habe für die anderen Planeten vielleicht andere Mittel und Wege gefunden. Andere Instanzen, so etwa der Vatikan, leugneten außerirdische Existenzen oder nähmen zumindest an, dass es keine sündigenden Aliens gebe. Das sei aber rein spektulativ, findet der Philosoph, „denn wir können das überhaupt nicht wissen“. Trotzdem bleibe die Frage: „Wenn wir allein im Weltall sind: Was hat Gott dann mit diesem riesigen Universum bezweckt? Ich habe keine Lösung, aber es ist eine faszinierende Frage.“

Foto: CC BY 3.0

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