von Thomas Rünker

Bei Menschenrechten „erst einmal vor der eigenen Haustür kehren“

Grünen-Spitzenpolitikern Katrin Göring-Eckardt diskutierte am Montagabend in der Mülheimer „Wolfsburg“ mit ZDK-Präsident Thomas Sternberg über die Lage der Menschenrechte.

Trotz international zahlreicher Einschränkungen der Menschenrechte mag die grüne Spitzenpolitikerin Katrin Göring-Eckhardt bei diesem Thema nicht zunächst ins Ausland schauen. „Wir müssen erst einmal vor der eigenen Haustür kehren“, betonte die Vorsitzende der grünen Bundestagsfraktion am Montagabend in Mülheim. Als Beispiele verwies sie nicht nur auf die NSU-Morde, wo die Polizei „bei dem Versuch aufzuklären, diskriminierend in die falsche Richtung geschaut“ habe. Auch das „Racial Profiling“ bleibe eine Frage, mit der sich Deutschland weiterhin beschäftigen müsse, so die frühere Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland zu dem Verfahren, bei dem die Polizei – um Straftaten zu verhindern oder aufzuklären – bestimmte Bevölkerungsgruppen besonders behandelt.

Der Präsident des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken (ZDK), Thomas Sternberg, betonte, es genüge nicht, die Menschenrechte in der Verfassung zu verankern – diese Grundsätze müssten auch „verstanden werden“. Hier seien die Kirchen „stark angefragt, Begründungszusammenhänge für die Menschenrechte zu liefern“, so seine Erfahrung als ZDK-Präsident. Dies sei indes „ein Riesenanspruch, von dem ich nicht weiß, ob wir ihn erfüllen werden“. Gehe es dabei doch darum, ethische Positionen der Kirchen auch Nicht-Christen verständlich zu machen. So habe die Kirche „in der Diskussion um den Paragraf 218 einen ganz großen Fehler gemacht“. Die Diskussion um den Abtreibungs-Paragrafen sei nur als Debatte der Politik und des Rechts geführt worden, „dabei haben wir übersehen, dass sich in der Gesellschaft etwas verändert hatte und etwas von der allgemeinen Auffassung von Lebensschutz weggebrochen war“, so Sternberg. Christen müssten heute überzeugend argumentieren und für eine gesellschaftliche Stimmung werben, die sagt: Leute, das geht eigentlich nicht, das Kinder spätabgetrieben werden“.

Die evangelische Grünen-Politikerin geht davon aus, dass in Deutschland gerade die Frage nach der „Freiheit religiös zu sein, oder es eben nicht zu sein, uns noch eine ganze Zeit lang beschäftigen wird“. In ihrer eigenen Partei etwa habe der Satz ihres Ko-Spitzenkandidaten Cem Özdemir, es könne kein heiliges Buch geben, das über der Verfassung steht, für Diskussionen gesorgt. Am Ende hieß der Kompromiss, dass der Satz die allgemeine, staatliche Sicht beschreibe – aber jeder Mensch für sich durchaus höherwertige Prinzipien haben könne. Es werde „etwas ganz Besonderes sein, Christ zu sein“, erwartet Göring-Eckardt. In ihrer Heimat Thüringen sei dies schon jetzt der Fall – doch gerade dort „werde sehr darauf geschaut, was die Kirchen in die Gesellschaft einbringen können“. Vielerorts gebe es einen Ansturm auf die zahlreichen neu gegründeten kirchlichen Kitas und Schulen.

Sternberg und Göring-Eckardt diskutierten am Montagabend in der Mülheimer Akademie „Die Wolfsburg“ bei einer öffentlichen Podiumsdiskussion im Rahmen der juristischen Fachtagung „Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche“.

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