von Cordula Spangenberg

Applaus und Gelächter nach „strenger“ 50er-Jahre-Schulstunde

Essener Gymnasium am Stoppenberg feiert mit einem Festtag sein 50-jähriges Bestehen. Das Konzept der Tagesschule hebt die Einrichtung von anderen Schulen ab.

Mit einem Festakt und einem Gottesdienst hat das Essener Gymnasium am Stoppenberg am Mittwoch, 20. April, sein 50-jähriges Schuljubiläum gefeiert. Schulleiter Rüdiger Göbel konnte im Namen seines Gymnasiums neben den Glückwünschen zahlreicher Besucher aus Kommune, Politik, benachbarten Schulen und der Kirche auch die Grußworte von NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann und dem Essener Oberbürgermeister Thomas Kufen entgegennehmen.

Wie Schule sich in 50 Jahren verändert hat, erfuhren die jüngeren Schüler an diesem Tag anschaulich in einem „Unterricht wie vor 50 Jahren“: Die Mädchen mit Zöpfen, Schleifen und Rock, die Jungen gescheitelt in Hemd und Hosenträgern, alle gemeinsam in furchtsamem Respekt und strammer Haltung vor ihrer gestrengen Lehrerin. Zum Glück endete die Stunde mit Applaus und Gelächter. Lara (10), Fünftklässlerin des Jahres 2016, stellte hinterher richtig: „Frau Himmelser ist eigentlich immer so nett.“ Und Eva (11) fand: „Es war voll anstrengend, die ganze Zeit gerade zu sitzen.“

Die Kinder der Arbeiter und Bergleute im industriellen Essener Norden hatten in den 1960er Jahren kaum Möglichkeiten, einen höheren Schulabschluss zu erwerben. Ihnen wollte der erste Ruhrbischof Dr. Franz Hengsbach mit der Gründung eines Gymnasiums eine Bildungschance eröffnen.

Ganztägiges Zusammenleben von Schülern und Lehrern

Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck hält den Standort am Stoppenberg für gut gewählt: „Auf der einen Seite eine mittlerweile über 950-jährige Geschichte christlicher Tradition, versinnbildlicht im Karmelkloster über der St. Nikolaus-Kirche; auf der anderen Seite das heutige Weltkulturerbe der Kokerei der Zeche Zollverein, die wir uns vor 50 Jahren als einen Ort höchster Betriebsamkeit vorstellen müssen“, beschrieb er am Morgen im Festhochamt die lokalen Voraussetzungen für das 1966 gegründeten Schulzentrum. Den pädagogischen Ansatz der neuen Schule hätten damals auch Katholiken kritisch beobachtet, so Overbeck, weil entgegen den damals geltenden traditionellen Familienstrukturen die neue Schule ein Ort des ganztägigen Zusammenlebens von Schülern und Lehrern sein sollte. „Die damalige Entscheidung für eine solche Schulform zeigt ein hohes Gespür für das, was Erziehung und Bildung im tiefsten und besten Sinne ist, nämlich Chance zur Integration aller Kräfte des Menschen“, bescheinigte Overbeck den Schulgründern.

50 Jahre später zeigt das Bemühen offenbar Erfolg: Umfragen bestätigten immer wieder, dass katholische Schulen bei den Eltern im Ruf ständen, gute Schulen zu sein und hochprofessionelle Arbeit zu leisten, bescheinigte Bernd Ottersbach, Dezernent für Schule und Hochschule des Bistums Essen, dem Team am Stoppenberg.

Neue Wege des Lernens gefunden

In seiner Festansprache beschrieb Reiner Düchting, langjähriger Rektor der benachbarten Hauptschule am Stoppenberg, die Schwerpunkte des Gymnasiums: Nach dem Schulmotto „Mit Kopf, Herz und Hand“ wurden die Schüler von Anfang an nicht nur akademisch, sondern auch handwerklich geschult. Heute stehen zum Beispiel Holz-, Metall- und Textilverarbeitung auf dem Lehrplan, außerdem wird mit mehreren Bienenstöcken schuleigener Honig produziert. Solidarisches Verhalten der Schüler gehört selbstverständlich zum Schulalltag, jüngst im Einsatz für die benachbarten Flüchtlingsunterkünfte. Vor allem aber das Konzept der Tagesschule hebe das Gymnasium von anderen Schulen ab: Die Lehrer wechselten am Mittag die Rolle, man esse gemeinsam, gestalte den Nachmittag und habe auch Zeit für Persönliches. Für Düchting ist diese Freiheit, neue Wege des Lernens zu kultivieren, das wichtigste Argument für eine Schule in kirchlicher Trägerschaft: „Die bloße Dublette einer staatlichen Schule würde Einrichtung und Unterhalt dieser Schule nicht rechtfertigen.“

Auch Gründungsschulleiter Karl-Heinz Brokerhoff ließ es sich trotz seines fortgeschrittenen Alters nicht nehmen, das Jubiläumsfest zu besuchen. Für ihn zählt zur guten Bilanz der Schule neben allen pädagogischen Leistungen „die Freundlichkeit, mit der man hier am Stoppenberg empfangen wird“.

Predigt von Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck zum Download

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