Impuls: Musik berührt, ermutigt und belebt

Vor einigen Jahren im Geburtshaus von Georg Friedrich Händel in Halle: Dort stieß ich auf einen kurzen Text auf dem Resonanzboden eines historischen Cembalos aus dem 17. Jahrhundert, der mich seither begleitet.

Prodyt a superis veneranda scientia cantus
Ut Relevet Miseros Faciat Solamina Lassis (1621)

Gekommen ist von den Göttern
die verehrungswürdige Kunst des Gesangs
Damit sie die Unglücklichen erleichtere
und den Müden Trost schaffe!

Der Text ist in lateinischer Sprache in der alten Versform des Akrostichons geschrieben. Sowohl der Text ergibt dabei einen Sinn, wie auch der jeweilige Beginn der Zeilen, von oben nach unten gelesen: Sie stellen die Namen der Töne einer Tonleiter dar: ut, re, mi, fa, sol… Mit ihrer Hilfe lernte man seinerzeit die Intervalle der Tonleiter. Damals wie heute ein unverzichtbarer Weg in die Welt der Klänge und der Musik.

Bis heute und besonders auch in unseren Kirchen und Gottesdiensten versucht ja Musik in vielfältiger Weise das den Worten nicht Zugängliche, das manchmal einfach Unsagbare auszudrücken. Ich finde, der Text bringt mit seinen zwei Bedeutungsebenen auf anrührende Weise zum Ausdruck, welche Kraft insbesondere der Gesang haben, ja wie er geradezu heilen kann. Vielleicht haben Sie das im Sinn, wenn in Ihnen in diesen grauen Tagen ein Lied aufsteigen will. Oder sie sich von einer vertrauten Musik berühren, ermutigen, beleben lassen. Wie schön, dass wir sie haben – die Musik. Fürwahr ein Geschenk Gottes. Jörg Stephan Vogel

Schulleiter — Bischöfliche Kirchenmusikschule

Jörg Stephan Vogel

Klosterstraße 4
45127 Essen