Bischof Overbeck: Religion ist keine Privatsache

Dass ein Gemeinwesen auf Sinnangebote und Orientierungshilfen angewiesen sei, die außerhalb seiner selbst stehen müssen, das unterstrich Ruhrbischof Overbeck auf einem Symposium zum Thema "Staat und Kirche in NRW" im Düsseldorfer Landtag. Auch eine säkularer und pluraler werdende Gesellschaft profitiere von der Kulturleistung des Christentums.



Symposium im Düsseldorfer Landtag zum Thema „Staat und Kirche“

Religion ist nach Ansicht des Essener Bischofs Dr. Franz-Josef Overbeck keine Privatsache. „Das Evangelium von der Auferstehung und der Gotteskindschaft jedes Menschen drängt zur Schaffung gerechter Strukturen für alle – egal ob Christ, Moslem oder Agnostiker“, sagte er bei einem Symposium zum Thema „Staat und Kirche in NRW“ am Montag, 16. Juni, im Düsseldorfer Landtag.  Die Universalität dieses Programms wirke unmittelbar politisch, so Overbeck, „nicht parteipolitisch, aber parteilich in Form einer Option für die Armen“.

Auf diese Weise erfüllten die christlichen Kirchen den vom ehemaligen Bundesverfassungsrichter Ernst-Wolfgang Böckenförde geprägten Satz von den Voraussetzungen, ohne die ein liberales Gemeinwesen nicht funktionieren könne. Ein Gemeinwesen sei auf Sinnangebote und Orientierungshilfen, die außerhalb seiner selbst stehen müssen, angewiesen, betonte Overbeck. In diesem Sinne sei er dankbar für das seit Jahrzehnten erprobte Verhältnis einer „balancierten Trennung“ und gleichzeitigen Partnerschaft von „Kirche und Staat“ in Deutschland, so der Bischof. „Beides steht für das hohe Niveau unserer politischen Kultur, für die es sich auch zukünftig lohnt, sich einzusetzen.“

Overbeck machte deutlich, dass er den zunehmenden religiös-weltanschaulichen Pluralismus nicht als einen Verdrängungswettbewerb, sondern als ein "Zeichen der Zeit" verstehe. Es gehe darum, die "Andersheit" der anderen als bereichernd wertzuschätzen und so "zum Kern des Eigenen" zu kommen. Overbeck: "Mir geht es um persönliche Glaubensüberzeugungen, um die wir mit unseren kirchlichen Angeboten auf dem religiösen Markt ringen." Vor diesem Hintergrund gehe es den Kirchen in nachvolkskirchlichen Zeiten weniger um Quantitäten als vielmehr um Qualität.

Der Bischof hob die Kulturleistung des Christentums für die Selbstvergewisserung und das Selbstverständnis der modernen Gesellschaft hervor. Davon profitiere auch eine zunehmend säkularer und pluraler werdende Gesellschaft.

Die in Deutschland fest verankerte institutionelle Religionsfreiheit steht für Overbeck im Dienst für die individuelle Religionsfreiheit. Dabei gehe es um das hohe Gut der jeweils persönlichen Glaubensentscheidung. Deshalb müsse gesichert bleiben, dass auch künftig religiöse Sinnzusammenhänge und Traditionsbestände in den Medien ausreichend Platz haben, um individuelle Glaubensentscheidungen zu ermöglichen. Genauso brauche es öffentlich-allgemeine Zeiten und Orte, in und an denen Glaube substantiell gelebt und individuell und gemeinsam zum Ausdruck gebracht werden könne. (ul)

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