Über 20.000 Anrufe in einem Jahr

Die Zahl der Anrufer, die alleine leben, wächst. Einsamkeit, psychische Krankheit und Niedergeschlagenheit sind zentrale Themen. Das geht aus dem Jahresbericht der Telefonseelsorge Duisburg-Mülheim-Oberhausen hervor, die im Berichtsjahr 2012/2013 mehr als 20.000 Anrufe verzeichnete.



Jahresbericht der Telefonseelsorge Duisburg-Mülheim-Oberhausen

„Hier ist die Telefonseelsorge, möchten sie mit mir sprechen? Hier ist immer jemand.“ So beantwortet ein ausgebildeter Telefonseelsorger einen Schweigeanruf. Am anderen Ende der Leitung atmet jemand, sagt aber nichts. Vielleicht hat ihn der Mut verlassen. Auch wenn er noch fünfmal anruft, ohne etwas zu sagen, bleibt die Antwort freundlich, respektvoll, ohne Druck. Die Botschaft: Hier ist jemand. Aufmerksam, bereit zuzuhören, darauf kann man sich verlassen.

Ein Blick in den Jahresbericht der Telefonseelsorge ist auch ein Blick auf den Zustand der Gesellschaft. Im Berichtszeitraum August 2012 bis Juli 2013 registrierte die Telefonseelsorge Duisburg-Mülheim-Oberhausen über 20.000 Anrufe. Inzwischen nutzen mehr als 70 Prozent der Anrufer ein Mobilfunknetz. Ende 2013 wurde ein neues, gerechteres Verteilungssystem der Anrufe aus den verschiedenen Netzen eingeführt.

Die Zahl der Anrufer, die alleine leben, wächst. Einsamkeit, psychische Krankheit, Niedergeschlagenheit sind zentrale Themen. In etwa drei Prozent der Gespräche geht es um freudige Erlebnisse. „Solche Anrufe bekommen wir vor allem von Menschen, die sich regelmäßig melden. Für die sind wir ein Stück Außenwelt“, sagt der Leiter der Duisburger Telefonseelsorge, Olaf Meier. Zwei Drittel der Anrufe kommen von Frauen. „Das ist eine stabile Zahl“, so Meier. Nur kurz nach der Einführung der Mailseelsorge hätten mehr Männer als Frauen den neuen Kanal genutzt. „Doch inzwischen haben die Frauen da nachgezogen, berichtet der Leiter. Er vermutet, dass Frauen Gespräche über ihre Probleme eher als sinnvoll betrachten. Männer scheinen sich oft schwerer  zu tun, das auszusprechen, was sie bewegt.

Die Nutzer der Mailseelsorge sind im Schnitt jünger als die Anrufer. Das hat auch Einfluss auf die Themen der Mails. Beziehung, Ehe und Partnerschaft stehen hier an erster Stelle. Aber auch psychische Krankheiten und Depressionen werden häufig erwähnt. Die Telefonseelsorge und die angeschlossene Krisenbegleitung von Angesicht zu Angesicht leisten damit einen wachsenden Beitrag zur gemeindenahen psychosozialen Versorgung. Therapieangebote sind in vielen Ruhrgebietsstädten rar, die Wartezeiten sind für Betroffene quälend lang.

Bundesweit steigt die Zahl der Selbsttötungen zum ersten Mal seit zehn Jahren wieder an. Die Leiterin der Krisenbegleitung, Rosemarie Schettler, erlebte großes Interesse am Büchertisch zum Thema „Literatur und Suizid“. An den Tisch in der Buchhandlung trauten sich auch diejenigen, die aus eigenem Antrieb nie nach Büchern über das immer noch tabuisierte Thema fragen würden. (smr/do)

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