Eine Kirche, der man die Lust am Christsein anmerkt

Auf dem Fest zum Abschluss der Bistumsforen stellten Bischof Overbeck und Generalvikar Pfeffer das "Zukunftsbild" vor. Es ist die Vision von einer anderen, sich verändernden und neu werden Kirche, eine Orientierungshilfe auf dem Weg zu einer lebendigen und zukunftsgewandten Kirche im Ruhrbistum.


Bischof Overbeck und Generalvikar Pfeffer stellten in Essen das Zukunftsbild vor

Die Katholische Kirche im Bistum Essen will zukünftig neue Wege gehen. Das unterstrichen Bischof Dr. Franz Overbeck und Generalvikar Klaus Pfeffer auf dem Fest zum Abschluss der Bistumsforen des Dialogprozesses „Zukunft auf katholisch“ am Samstag, 13. Juli, in Essen. „Wir müssen unter völlig neuen Bedingungen Kirche sein, mit beiden Beinen auf dem Boden und nah bei den Menschen“, betonte Overbeck, der mit Generalvikar Pfeffer als wesentliches Ergebnis des bislang eineinhalbjährigen Prozesses ein Zukunftsbild vorstellte. Es ist eine Vision, die helfen soll, Ziele und Handlungsoptionen für eine zukunftsfähige Kirche im Ruhrbistum zu formulieren.

Dieses mit Spannung erwartete Zukunftsbild lockte gut 1000 Besucherinnen und Besucher aus dem gesamten Bistum, von Duisburg bis zum Sauerland, auf den Essener Burgplatz. Unter dem Motto „Wir feiern den Dialog“ wurde Rückschau gehalten, Zwischenbilanz gezogen und der Blick in die Zukunft gerichtet - mit Film, Interviews, Musik und einem festlichen Gottesdienst unter freiem Himmel.


Offenheit, Ehrlichkeit, Respekt und Toleranz

Die Bilanz, die Bischof Overbeck, Generalvikar Pfeffer und der Bischöfliche Beauftragte für den Dialogprozess, Domkapitular Dr. Michael Dörnemann, zogen, fiel positiv aus. „Vieles und auch Unerwartetes ist aus dem bisherigen Weg erwachsen: eine von Offenheit, Ehrlichkeit, Respekt und Toleranz geprägte Gesprächskultur, Vertrauen, konkrete Ideen und Anregungen und ein Zukunftsbild, das uns bei der Suche nach neuen Wegen für die zukünftige Gestalt des Christseins im Bistum Essen Orientierung geben soll“, betonte der Bischof. Alles sollte dabei zur Sprache kommen. Auch für Dr. Dörnemann ist es bislang ein „gelungener Prozess“ gewesen: „Wir können uns freuen, was wir bisher erreicht haben.“

Ausgangspunkt war die Dialoginitiative der Deutschen Bischofskonferenz im Herbst 2010. Schon im April 2011 machte der Diözesanrat der katholischen Frauen und Männer im Bistum Essen mit seiner pastoralen Initiative „Auf!RuhrBistum – Kirche gestalten. Jetzt!“ den „Aufschlag“ für den Dialogprozess, in dessen Mittelpunkt von Januar 2012 bis Juni 2013 sechs große Bistumsforen standen, an denen rund 1.650 Frauen und Männer teilnahmen.

Dass der Dialogprozess kein äußerlicher „Reparaturprozess“ sei, der allein mit Strukturveränderungen auf die tiefgreifenden ökonomischen, sozialen und gesellschaftlichen Veränderungen reagiere, unterstrich Bischof Overbeck: „Dieser Prozess ist vor allem ein geistlicher Prozess.“ Das Wachstum der Kirche und die Erfahrung und Weitergabe des Glaubens lebe von überzeugten und überzeugenden Christen, nicht von institutionellen und strukturellen Sicherheiten. „Daher will der Dialogprozess einen Haltungswechsel herbeiführen, dessen Grundlage ein in den Alltag eingebettetes geistliches Leben ist“, so der Bischof. Ziel sei es, Menschen zu ermöglichen, mit Gott in Berührung zu kommen.


Kirchenkritische Themen wurden nicht ausgespart

Auch kritische Themen wie die kirchliche Sexualmoral, die Rolle der Frau in der Kirche oder der Umgang mit gescheiterten  Lebensentwürfen wurden bislang in der Reihe „Dialoge mit dem Bischof“ in der Katholischen Akademie „Die Wolfsburg“ in Mülheim diskutiert. Mit den Auswirkungen von Veränderungen in Kirche und Gesellschaft auf die Seelsorge befassten und befassen sich auch weiterhin die pastoralen Berufsgruppen. In vielen anderen Einrichtungen, in Verbänden, Pfarreien und Gemeinden wurden Fragen und Themen der Dialoginitiative aufgegriffen. Insgesamt beteiligten sich bislang rund 10.000 Männer und Frauen an dem Dialogprozess des Ruhrbistums.

„Ja, wir wollen einen anderen Weg als Kirche gehen, auch wenn der Aufbruch unter schwierigen Bedingungen beginnt“, betonte Bischof Overbeck bei der Vorstellung des Zukunftsbildes in Essen. Denn so wie bisher könne es nicht mehr weitergehen. „Wir tragen nicht die Ruinen der Vergangenheit durch die Welt, sondern bauen an einer neuen Kirche“, sagte der Bischof. Dazu müsse man sich von Altem verabschieden und Selbstverständliches hinterfragen.


Die Kirche muss eine lernende Kirche sein

Das Zukunftsbild, in das zahlreiche Impulse aus den Bistumsforen eingeflossen sind, modelliert die Kirche im Bistum Essen in sieben Eigenschaften: "berührt", "wach", "vielfältig", "lernend", "gesendet", "wirksam" und "nah". Dies bedeute: Kirche müsse einen Blick für die Lebenswirklichkeit der Menschen haben, offen für Vielfalt sein, diakonisch handeln und nah bei den Menschen sein. „Es geht mir dabei um eine Nähe zu Menschen, die weniger auf Gebäuden beruht, sondern vor allem auf menschlichen Beziehungen“, erklärte Overbeck. Wichtig seien die Stärkung ehrenamtlichen Engagements, das die Talente und Charismen der Menschen wertschätze, die Qualifizierung von Laien sowie und die Förderung von Frauen in Führungspositionen. Im Zukunftsbild ist von einer dienenden Kirche die Rede, die nicht um sich selbst kreist, die sich der Gesellschaft öffnet, die beispielsweise die Qualität der Gottesdienste verbessern und Menschen zeigen will, wie wertvoll der Glaube an Gott ist. „Wir wollen gemeinsam eine Kirche entfalten, der man die Lust am Christsein siebenfach anmerkt", so der Bischof. Und sein Generalvikar ergänzte: "Unser Ziel ist, dass die Grundhaltungen, die hinter dem Zukunftsbild stehen, von vielen Menschen verinnerlicht werden und sich so die Praxis ändert. Die Kirche muss eine lernende Kirche sein. Wir meinen es sehr ernst mit diesem Prozess."


Es geht weiter

Alle Besucher des Festes in Essen erhielten dieses Zukunftsbild. Im Taschenformat gerade zehn mal zehn Zentimeter groß, entfaltet es die sieben Eigenschaften, liefert biblische Bezüge, theologische Begründungen im Rückgriff auf das Zweite Vatikanische Konzil und beispielhafte konkrete Handlungsoptionen. „In den kommenden Monaten soll dieses Zukunftsbild auf allen Ebenen des Ruhrbistums bekannt gemacht, diskutiert, geistlich erschlossen, weiterentwickelt werden“, betonte der Bischof. Und es solle in den kommenden Jahren helfen, konkrete Ziele für eine zukunftsfähige Kirche im Bistum Essen zu formulieren und diese Schritt für Schritt umzusetzen. (do)


Predigtimpulse von Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck und Generalvikar Klaus Pfeffer in der Eucharistiefeier beim Fest zum Abschluss der Bistumsforen in Essen

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