„Wir verschanzen uns nicht hinter Kirchenmauern“

Dass die Kirche sich nicht hinter Kirchenmauern verschanze, sondern dorthin gehe, "wo das Leben spiele", unterstrich Stadtdechant Bernhard Lücking beim Jahresempfang der Katholischen Kirche in Duisburg. Er wie auch Gastredner Thomas Rünker lobten das Engagement, mit dem der Dialogprozess im Bistum Essen vorangetrieben werde.

Jahresempfang der Katholischen Kirche in Duisburg

Der Stadt Duisburg geht es nicht gerade rosig. Auch die Katholische Kirche vor Ort steht seit Jahren vor großen Herausforderungen: sinkende Mitgliederzahlen, weniger Priester, Neustrukturierung der Gemeinden Schließung von Kirchen, um nur einiges zu nennen. Doch der  Jahresempfang, zu dem Stadtkirche und Katholikenrat Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften, Gesellschaft, Kirchen und Religionsgemeinschaften in das Gabrielhaus in Duisburg-Neudorf eingeladen hatte, geriet nicht zu einem Klagen und Jammern über Schwierigkeiten und Probleme, auch wenn diese nicht verschwiegen wurden. Der Abend war gekennzeichnet von einem entschlossenen und zugleich zuversichtlichen Blick in die Zukunft.

Schon der Vorsitzende des Katholikenrates, Rechtsanwalt Wolfgang Tings, machte in seiner Begrüßung deutlich, dass die Kirche die Lebenswirklichkeit der Menschen stärker in den Blick nehmen müsse und dies auch tun werde. Vieles müsse ganz neu gedacht werden. Das unterstrich auch Stadtdechant Bernhard Lücking. Der zurzeit im Bistum Essen laufende Dialogprozess „Zukunft auf katholisch“ mache gute Fortschritte. „Da wird es einige Neuerungen geben“, so der Stadtdechant und kündigte an, dass schon in naher Zukunft speziell ausgebildete Laien  Beerdigungen vornehmen oder auch „Wort-Gottes-Feiern“ leiten könnten. „Es geht darum, das Verantwortungsbewusstsein aller Getauften und Gefirmten für den Glauben zu stärken“, betonte Lücking.


Respekt, Toleranz und Wertschätzung

Ausdrücklich lobte er die in der Stadt praktizierte Ökumene und den interreligiösen Dialog, der in Duisburg eine lange Tradition habe. Schließlich gebe es in der Stadt eine große religiöse Vielfalt. „Hier ist die Welt im Kleinen versammelt“, so der Stadtdechant. Es gehe darum, „dass uns Respekt, Toleranz und Wertschätzung uns miteinander verbindet“.

Als gelungenes Beispiel gelebter Ökumene nannte er die Gottesdienste im Einkaufszentrum „Forum“ in der Duisburger City. „Wir verschanzen uns nicht hinter Kirchenmauern, sondern gehen dorthin, wo das Leben spielt“, unterstrich Lücking. Er erinnerte an den Appell des neuen Papstes Franziskus, der davor warnte, als Kirche nur um sich selbst zu kreisen, anstatt „bis an die existenziellen Enden der Erde“ zu gehen. „Es ist wichtig, dass wir als Kirche hier in Duisburg den Menschen dort begegnen, wo sie oft auch am Ende sind“, betonte der Stadtdechant und verwies in diesem Zusammenhang auf das neu entstandene Soziale Zentrum St. Peter im Stadtteil Hochfeld. Es gehe darum, dass Menschen in Duisburg eine Heimat fänden. Daher gehöre für ihn die Integration zu einer der wichtigen Aufgaben der Kirche.


Ein anderer Wind aus Rom

Launig und zugleich auch kritisch im Tonfall war der Vortrag des Gastredners bei diesem Jahresempfang. Thomas Rünker, Wirtschaftsredakteur der NRZ in Essen, ließ das allein schon im Titel seiner Ausführungen durchblicken: „Einen neuen Abbruch wagen? Katholiken zwischen Pessimismus und Papst-Euphorie“. Rünker schlug einen weiten Bogen vom neuen Papst Franziskus und seinem Vorgänger Benedikt XVI. über die Deutsche Bischofskonferenz bis zum Ruhrbistum und seinen Pfarreien und Gemeinden. „Es weht ein anderer Wind aus Rom“, lobte Rünker, selbst engagierter Katholik, den neuen Papst, der durch Gesten, aber auch durch Worte aufhorchen lasse. „Man darf gespannt sein, ob, wann und wie er wirklich neue Akzente setzt“, so Rünker. Mit Papst Franziskus werde die Kirche „weniger Europa-zentriert“ als sie es in der Vergangenheit war.

Mit Blick auf die Katholische Kirche in Deutschland erinnerte der NRZ-Redakteur an den immensen Vertrauensverlust, den die Kirche vor allem durch den Missbrauchsskandal erlitten habe. Seit Jahren befände sie sich auf einem „Rückzugsgefecht“. Rünker beklagte eine immer wieder zu spürende Uneinigkeit in der Deutschen Bischofskonferenz, wünscht sich dort ein konzertierteres Vorgehen. „Das wäre für mich die einzige Alternative für die Kirche, mehr Einfluss in der römischen Kurie, aber auch ein größeres Gewicht in der deutschen Gesellschaft zu erreichen“, sagte Rünker.


Lob für den Dialogprozess im Ruhrbistum

Ausdrücklich lobt Ruhrbischof Dr. Franz-Josef Overbeck, der mit großem persönlichen Engagement den Dialogprozess im Bistum Essen vorantreibe, bei dem alles zur Sprache kommen solle, was die Katholiken auf dem Herzen hätten. Kein Bistum in Deutschland betreibe diesen Dialogprozess so intensiv wie das Ruhrbistum. „Im Umgang mit den Medien ist Bischof Overbeck professioneller und im Umgang mit den Gläubigen direkter geworden“, ist der Eindruck des Journalisten. Wie kaum ein anderer deutscher Bischof arbeite er an einer „modernen Kirche“. Die Katholische Kirche zwischen Rhein und Sauerland werde in Zukunft noch kleiner werden. „Die spannende Frage wird sein, ob darauf vor allem mit weiteren Fusionen und Schließungen reagiert wird, oder ob die Katholiken im Ruhrbistum ein ganz neues Bild von Kirche entwickeln“, so Rünker. (do)

Pressestelle Bistum Essen

Zwölfling 16
45127 Essen