Stephanus: Der Zeuge ohne Schwellenangst

Sich Veränderungen zu stellen, Schwellenängste zu überwinden und sich auf Neues einzulassen, dazu rief Weihbischof Franz Vorrath am 2. Weihnachtsfeiertag im Essener Dom auf. Dazu brauche es den Mut und die Glaubensstärke des heiligen Stephanus, dessen Gedenktag die Kirche am 26. Dezember feiert.



Predigt von Weihbischof Franz Vorrath am 2. Weihnachtsfeiertag im Essener Dom

Vor Veränderungen nicht zurückzuschrecken, die Schwellenangst zu überwinden, Altes hinter sich zu lassen, Grenzen zu überschreiten, Herausforderungen anzunehmen und sich auf etwas Neues einzulassen und sich selbst etwas Neues zuzutrauen, dazu rief Weihbischof Franz Vorrath am 2. Weihnachtsfeiertag, 26. Dezember, am Fest des heiligen Stephanus, im Festgottesdienst im Essener Dom auf.

„50 Jahre nach dem 2. Vatikanischen Konzil leben wir als Kirche heute in einer grundlegend anderen Umgebung. Die Zeiten haben sich radikal gewandelt“, betonte Vorrath. Von der Aufbruchstimmung des Konzils sei in Deutschland nicht mehr viel zu spüren. Vielfach scheine es mit der Kirche bergab zu gehen. Vorrath erinnerte an sinkende Mitgliederzahlen, weniger Kirchenbesucher, Kirchenaustritte, Zusammenlegung von Gemeinden zu Großpfarreien oder die Aufgabe von Kirchen. Die Welt sei bunter und unübersichtlicher geworden. „An die Stelle der einen, modernen Welt, sind zahlreiche Welten und Lebensstile getreten, die jeweils ihre eigenen Werte und Ziele haben“, so der Weihbischof. Soziologen stellten fest, dass Menschen zwischen diesen unterschiedlichen Milieus kaum wechseln würden.


Ein geschlossenes Milieu

Angesichts solcher Beschreibungen der Gesellschaft müsse man sich selbstkritisch fragen, wie es um die Gemeinden und die Kirche bestellt sei. „Vieles deutet darauf hin, dass wir selbst zu einem geschlossenen Milieu geworden sind“, sagte Vorrath. Zwar werde in der Kirche Tag für Tag viel Gutes getan, doch all dies scheine inzwischen etwas für Insider geworden zu sein. „Es ist eine Gemeinschaft mit festen Regeln und Strukturen, die auf Suchende und Fragende vielleicht nur noch wenig einladend wirkt“, so der Weihbischof.

Er erinnerte an den heiligen Stephanus (ca. 1-36/40 n. Chr.), ein Diakon der Jerusalemer Urgemeinde und der erste christliche Märtyrer. Seine Auseinandersetzung mit den Führern des hellenistischen Judentums kostete ihn das Leben. Er wurde wegen seines Bekenntnisses zu Jesus Christus zu Tode gesteinigt. Stephanus habe – so schreibt Papst Johannes XXIII. als junger Theologiestudent – „als erster die weltumfassende Idee der neuen Religion, des Christentums, in ihrer Gesamtheit erfasst“. Er habe die „Tendenz der Judenchristen, sich als kleine Religionsgemeinschaft abzusondern“, überwunden und dem Glauben an Jesus neue Welten geöffnet. „Stephanus betrat mutig Wege, die der Ausbreitung des Christentum verschlossen schienen“, so der Weihbischof. Der Märtyrer habe den ersten Durchbruch der neuen Religion in die Welt der Griechen und Römer gewagt. „Aus dieser Perspektive ist Stephanus vor allem eines: der Zeuge ohne Schwellenangst“, betonte Vorrath. Er habe Entschlossenheit und Mut zu neuen Wegen gezeigt, habe etwas gewagt und eingefahrene Wege verlassen.


Die Schwellen in die neuen Welten überschreiten


Auch die Kirche stehe heute erneut vor der Aufgabe, „sich aus ihren eigenen Verkrustungen und Sicherheiten zu befreien“. Denn in Jesus Christus, dessen Geburt an Weihnachten gefeiert werde, zeige sich die „Güte und Menschenliebe Gottes für alle Menschen“. Vorrath: „Wenn wir dieses umfassende Heilsangebot nicht aufgeben wollen, dann müssen wir auch Wege finden, die Schwellen in die heutigen zahlreichen neuen Welten und Lebensstile zu überschreiten.“ Dazu brauche es den Mut und die Glaubensstärke des heiligen Stephanus. (do)


Predigt von Weihbischof Franz Vorrath am 2. Weihnachtsfeiertag, 26. Dezember 2013

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