St. Barbara hat Essens höchsten Kirchturm

Angehende Vermessungstechniker haben drei Kirchtürme im Bistum Essen vermessen. Ergebnis: Nicht der Kirchturm von St. Hubertus, sondern der der Krayer St. Barbara Kirche ist der höchste in Essen. Der Turm der Gladbecker St. Lamberti-Kirche ist mit mehr als 78,72 Metern der höchste im Ruhrbistum.

Ungewöhnliche Ausbildungs-Kooperation

Essens höchster Kirchturm steht an der St. Barbara-Kirche im Stadtteil Kray. Dieses Ergebnis einer jahrzehntelangen Diskussion in Essen haben jetzt angehende Vermessungstechniker verschiedener Unternehmen im Rahmen eines innovativen Ausbildungsprojekts ermittelt. Demnach ist der Kirchturm von St. Barbara mit 72,72 Metern deutlich höher als der von St. Hubertus in Essen-Bergerhausen (62,53 Meter), der vielen Essenern bislang als der höchste Kirchturm der Stadt galt. Für die Gladbecker Lamberti-Kirche – schon länger unangefochten der höchste Kirchturm im gesamten Bistum Essen – ermittelten die Auszubildenden eine Höhe von 78,72 Meter. Allerdings beziehen sich die Höhenangaben nicht auf den jeweils höchsten Punkt des Turms, etwa die Spitze des Kreuzes. Vielmehr wurde in Gladbeck und Essen-Kray jeweils eine Kugel direkt unterhalb des Kreuzes angepeilt. Weil diese Kugel in St. Hubertus seit Blitzeinschlag und Feuer Anfang Januar fehlt, wurde dort eine Dachgaube knapp unterhalb der Turmspitze als Peil-Punkt genutzt. Auch wenn alle gemessenen Kirchen also letztlich sogar noch höher sind als die nun ermittelten Angaben geht aus dem Vermessungsteam niemand davon aus, dass ein rekonstruierter Hubertus-Turm höher wird, als der Konkurrent aus Kray.

„Für die Menschen in Kray war eigentlich schon immer klar, dass ihr Kirchturm der höchste der Stadt ist“, sagte Pastor Peter Hoffmann von der St. Barbara-Gemeinde, als ihm die Auszubildenden gestern ihren Mess-Bericht überreichten. Bislang sei die Gemeinde immer von etwa 71 Metern Höhe ausgegangen, das müsse man bei Kirchenführungen nun wohl ein wenig korrigieren. „St. Barbara und St. Hubertus sind beides prägnante Wegmarken und gerade von den Autobahnen – die eine von der A40, die andere von der A52 – aus gut zu sehen“, erklärt sich Hoffmann den lange währenden Disput. Von einem „Streit“ mag er nicht sprechen. Vielmehr sei der hohe Kirchturm bei beiden Gotteshäusern „wie ein Versprechen“, sagt Hoffmann: „Die Kirche will mitten bei den Menschen, will ihnen nahe sein“.

Ungewöhnliches Ausbildungsprojekt

Bei der Kirchturmvermessung durch Auszubildende hat die Kirche von einer ungewöhnlichen Ausbildungskooperation profitiert, die die Essener Firma DMT schon vor einigen Jahren mit den Städten Essen und Mülheim, dem Bergbaumuseum und der Fachhochschule in Bochum, den Vermessungsbüros Arnscheidt in Essen und Petersen in Gelsenkirchen und dem Essener Energiedienstleister PLEdoc eingegangen ist. Das Konzept: Alle Beteiligten der Kooperation bilden Vermessungstechniker aus, aber keiner kann alle Facetten dieses vielseitigen Berufs abdecken. „In der Vergangenheit waren die Auszubildenden daher stets in der jeweiligen Sparte ihrer Ausbildungsbetriebe gefangen“, erläuterte DMT-Ausbilder Alber Hünninghaus. Dank der Zusammenarbeit der Betriebe können sich nun zum Beispiel die Auszubildenden aus der Industrie im kommunalen Kataster-Wesen erproben, während die Azubis der Kommunen etwa mit Hilfe der DMT lernen, wie man Bergwerks- oder Tunnel-Baustellen vermisst. Oder eben einen Kirchturm – diese Idee entstand seinerzeit durch persönliche Kontakte zwischen Hünninghaus und dem Essener Dombaumeister Ralf Meyers.

Während des Sommers haben die Auszubildenden dann immer wieder die einzelnen Kirchen besucht, Messpunkte fixiert, die Turmspitze angepeilt – und dabei unter anderem gelernt, dass ein Turm mit einem dünnen Kreuz deutlich schwieriger anzupeilen ist als etwa eine klar erkennbare Hochhauskante. Hinzu kam – gewissermaßen als Wettbewerbsverzerrung –, dass die Turmspitze der St. Hubertus-Kirche im Januar nach einem Blitzeinschlag abgebrannt und der Turm seitdem rund sechs Meter kleiner ist. Doch trotz der fehlenden Spitze und der jeweils unterschiedlichen Peil-Punkte an den verschiedenen Türmen sind sich alle Beteiligten einig, dass auch ein reparierter Hubertus-Turm den der Barbara-Kirche nicht übertreffen wird. „Das ist uns sehr recht“, sagt Kirchen-Hausmeister Herbert Engel. Nach wie vor sei die Gemeinde sehr damit beschäftigt, Spenden für die Sanierung des Kirchturms zu sammeln – da gebe es keinerlei Bestrebungen, den Turm in Kray in irgendeiner Weise zu übertreffen.

Bauer wollte den Kirchturm von seinen Feldern sehen

Pastor Hoffmann in Kray hat indes eine Vermutung, warum gerade der Turm der Barbara-Kirche so ungewöhnlich hoch ist: Ende des 19. Jahrhunderts habe Bauer Eickenscheidt den Bau der Kirche mit einer stattlichen Summe unterstützt. „Er soll damals verlangt haben, dass er den Kirchturm von all seinen Feldern aus sehen kann“, so Hoffmann. Von der Hubertus-Kirche, die rund 20 Jahre später vom selben Architekten geplant wurde, sind ähnliche Forderungen nicht bekannt. (tr)

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