von Christoph Grätz

Sprachkurse, Betreuung und jede Menge Engagement

Vor rund einem Jahr startete die Caritas Mülheim das Projekt VIS(a)-VIS, um ehrenamtliches Engagement in der Flüchtlingsarbeit zu koordinieren. Mehr als 50 ehrenamtliche Mitarbeiter machen mit.

„Vor einem Jahr haben wir gemeinsam mit der Katholischen Familienbildungsstätte angefangen, die Menschen mit Kursen auf die zertifizierten Sprachkurse vorzubereiten", erinnert sich Hannah Berntgen, Leiterin des Caritas-Projektes VIS(a)-VIS in Mülheim. Damit war ein entscheidendes Fundament für Berntgens Arbeit gelegt: Ehrenamtliche und Flüchtlinge lernen sich kennen und erfahren, was der andere eigentlich möchte oder braucht. „Denn geflüchtete Menschen sind nicht grundsätzlich unwissend oder hilfesuchend, manchmal brauchen sie nur kurze Hilfen beim Lesen und Verstehen von Briefen und Begleitung." So begannen die ersten Ehrenamtlichen mit der Begleitung zu Ämtern und Ärzten, oder sie halfen bei der Wohnungssuche und beim "Papierkram". Bis Ende 2015 konnten sich 90 Flüchtlinge über Hilfe freuen.

Wir machen ganz viel gemeinsam

Eine der bislang 50 Ehrenamtlichen ist Diana Tombergs. „Zunächst war es befremdlich für mich, als junge Frau in eine Unterkunft voller Männer zu gehen und Kontakt aufzunehmen", so die Ehrenamtliche. „Ich wurde jedoch offen, sehr höflich und respektvoll aufgenommen. Mittlerweile machen wir auch in der Freizeit ganz viel gemeinsam", erzählt Tombergs. Die Stadt hat die Koordination des ehrenamtlichen Engagements in den Unterkünften auf einzelne Träger verteilt. Seitdem ist das Projekt VIS(a)-VIS verstärkt am Priesters Hof und in der Unterkunft in der Vereinstraße für die Koordination der Ehrenamtlichen zuständig. 

Berntgen: „Die Begleitung von jungen Männern zwischen 20 und 40 Jahren ist etwas ganz anderes als die Arbeit mit Familien oder Frauen. Um Ehrenamtliche zu gewinnen, braucht es attraktive Angebote für die Flüchtlinge und für die Helfer. Wir schaffen nur die Möglichkeit der Begegnung und des Gesprächs. Freizeitangebote sind ein Einstieg, das Interessante kommt danach." 

Viele helfen, dass es gut läuft

Jens Weymann, der für die jungen Männer mittlerweile so etwas wie der „Bürgermeister des Priesters Hof" geworden ist, koordiniert die Aktivitäten hier. Der voll berufstätige Sozialarbeiter organisiert und terminiert ehrenamtlich Ausflüge der Gruppen und achtet darauf, dass niemand aus dem Blickfeld gerät. „Die Nachbarn und die Ehrenamtlichen möchten, dass das mit der Gemeinschaftsunterkunft weiterhin gut läuft. Ich als Heißener bin froh, wenn ich dazu einen Beitrag leisten kann", so Weymann. 

Das Jugendzentrum an der Tinkrathstraße, in der Nähe der Unterkunft am Priesters Hof, hat Hannah Berntgen und ihren Leuten unentgeltlich Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt. Nun planen sie auch hier Freizeitaktionen. Ausflüge zur Müga, zum Schloss Broich, ins Freizeitbad, zum Schlittschuhlaufen oder das gemeinsame Barbecue, der Koch- und die verschiedenen Sprachkurse, der Malkurs: All das wäre ohne die Spenden des Bischöflichen Hilfsfonds, der Brenntag AG, der Sparkasse Mülheim und des Lichtblicke e.V. nicht möglich.

Unerträglich für die Menschen sei vor allem das Warten und Nichtstun. Geflüchtete lebten zum Teil seit über einem Jahr in einem Zimmer mit acht fremden Menschen, ohne überhaupt einen Asylantrag stellen zu dürfen. Berntgen: „Nur dem Engagement der Helfer und der guten Zusammenarbeit mit der Stadt Mülheim ist es zu verdanken, dass die Frustration nicht überhandnimmt." Dass dies im Vergleich zu anderen Kommunen sehr gut funktioniert, zeige das positive Miteinander der Politik, der Fachleute, der Ehrenamtlichen und natürlich der Geflüchteten.

Neue Nachbarn und Freunde gewonnen

„Das Resümee nach einem Jahr VIS(a)-VIS ist, dass wir neue Nachbarn und zum Teil sogar Freunde gefunden haben. Wir hören Geschichten, die einem das Herz zerreißen, und können den Flüchtlingen ein wenig Last abnehmen – einfach nur, indem wir da sind. Das ist ein wunderschönes Gefühl", sagt die ehrenamtliche Künstlerin Martina Hengsbach. Sie leitet den Malkurs des Projektes. Der Ehrenamtlichen Heide Dennisson ist vor allem die fachliche Begleitung durch die Caritas wichtig: „Häufig sind die Lebensgeschichten, die wir hier hören, sehr belastend. Ich finde es gut, dass es Fachleute gibt, die uns schulen, und die vor allem während unserer Tätigkeit auf uns achtgeben."

Auch Hannah Berntgen ist als Projektkoordinatorin mehr als zufrieden mit dem ersten Jahr. „Wir sind froh, dass sich mittlerweile auch geflüchtete Menschen ehrenamtlich engagieren. Für die Zukunft planen werden wir nichts. Wenn ich eins im letzten Jahr gelernt habe, dann dass Flüchtlingsströme nicht planbar sind. Wir möchten einfach weiterhin den Menschen offen begegnen." (ChG)

Das Projekt ist auf Spenden angewiesen. Wer spenden möchte oder Informationen braucht kann sich gerne an  Hannah Berntgen wenden, Tel. 0208/30008-0.

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