„Sie haben uns geholfen, unser Kreuz zu tragen“

Das Kriegsende liegt 17 Jahre zurück, doch die Narben sind in Bosnien immer noch sicht- und spürbar. Die Not ist nach wie vor groß. Das bestätigte Kardinal Vinko Puljić, Erzbischof von Sarajevo, bei der 20-Jahr-Feier der Bosnienhilfe der Duisburger Caritas. Unendlich dankbar ist er für diese langjährige und kontinuierliche Hilfe.


Kardinal Vinko Puljić kam zum Jubiläum der Duisburger Bosnienhilfe

Er kam als Freund, und er war unter Freunden. Das war zu spüren, als Kardinal Vinko Puljić, Erzbischof von Sarajevo, zu Gast in Duisburg und am Niederrhein war. Trotz eines voll gespickten Terminkalenders ließ es sich der Vorsitzende der Bischofskonferenz von Bosnien und Herzegowina nicht nehmen, an der Feier des 20-jährigen Bestehens der Bosnienhilfe der Duisburger Caritas teilzunehmen. „Ich danke Euch, dass Ihr da seid. Und ich bin heute hier, um Gott zu danken, um für Euch zu beten und für all diejenigen, die uns in den letzten 20 Jahren in Bosnien geholfen haben“, betonte er zu Beginn des Pontifikalamtes am Sonntag, 4. März, in der Karmelkirche in Duisburg.


Immer noch große Not

„Ich sehe ihn Ihnen Simon von Cyrene, der Jesus geholfen hat, das Kreuz zu tragen“, so der Kardinal. Die unzähligen Menschen in Duisburg und am Niederrhein hätten durch ihre tatkräftige Hilfe und ihr Gebet geholfen, „unser Kreuz in Bosnien zu tragen“. In der Predigt erzählte der Kardinal von seinem Land, das von 1992 bis 1995 einen traumatischen Krieg erlebt hatte, dessen Narben noch heute deutlich sichtbar und zu spüren sind, äußerlich wie auch in den Herzen der Menschen auf dem Balkan. „Die Not ist immer noch groß. Normalität hat sich noch nicht eingestellt“, berichtete der Kardinal. Eine hohe Arbeitslosigkeit gebe es. Alte Menschen müssten versuchen, mit einer monatlichen Rente von 150 Euro zu überleben, sofern sie überhaupt eine Rente bekommen. Eine Grundsicherung gebe es nicht und auch „keine Aussicht auf eine geregelte Ökonomie“. Auch 17 Jahre nach Kriegsende seien immer noch ganze Landstriche verwüstet, herrsche vor allem in den ländlichen Gebieten immer noch bittere Armut. „Viele leben in Ställen oder zerstörten Häusern, leben von der Hand in den Mund“, so Puljić.


Wärme, Hoffnung und Liebe

Er beklagte, dass Bosnien aus dem Fokus der Weltöffentlichkeit verschwunden sei und die internationale Hilfe seit Langem nachgelassen habe. Umso ergreifender sei es für ihn, dass Menschen in Duisburg und am Niederrhein seit 20 Jahren „an unserer Seite stehen, uns nicht allein lassen und helfen“, betonte der Kardinal. Herzlich dankte er Heribert Hölz, dem Initiator und Motor der Duisburger Bosnienhilfe, und dessen Ehefrau Ursula. „Er gibt den Menschen in unserem Land, vor allem den Ärmsten der Armen, Wärme, Hoffnung und Liebe, gibt ihnen eine Chance, weiter leben zu können“, so Puljić. Er zählte die vielen Projekte auf: von der Lebensmittelhilfe, den Patenschaften und Suppenküchen über den Wiederaufbau von Kirchen, Kindergärten und Schulen bis hin zur Unterstützung von Kleinbauern-Genossenschaften oder Schaf-Projekten. „Ihr Motto ist die Hilfe zur Selbsthilfe“, betonte der Kardinal.

Und gerade den Menschen in Not, den Armen und Alten, die sich nicht mehr selber helfen könnten, wende sich Hölz zu. Das Leben der Menschen in Bosnien habe den „Sozialarbeiter in Rente“ nicht abstumpfen lassen. Im Gegenteil. „Das Alpha und Omega Ihres Lebens gründet in der Bibel: Was ihr dem Geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“, sagte Puljić und dankte für das große Engagement und die große Menschlichkeit. „Gott segne Sie, Ihre vielen Helferinnen und Helfer und die Stadt Duisburg“, schloss der Kardinal.

Bis auf den letzten Platz gefüllt war die Karmelkirche in der Duisburger Innenstadt, als der Kardinal gemeinsam mit Weihbischof Franz Vorrath, dem Bischofsvikar für die Caritas, mit Dr. Mirko Šimić, Caritasdirektor der Erzdiözese Sarajevo, Stadtdechant Pfarrer Bernhard Lücking, Monsignore Klaus Wilhelm Mertes, Geistlicher Begleiter des Caritasverbandes Duisburg, und den vielen ehrenamtlichen Helfern sowie Gästen Eucharistie feierte.

Gemeinsam wurde anschließend im Katholischen Stadthaus zu Mittag gegessen, gab es außerdem eine köstliche Kaffeetafel. War für die Helfer schon allein der Besuch des Kardinals ein „wunderbares Zeichen des Dankes“, erhielten sie aus den Händen des Duisburger Caritasdirektors Ulrich Fuest und von Heribert Hölz zusätzlich noch ein Buch als Geschenk. „Von Lebertran und Slivovic. Vom Kriegskind zum Bosnienhelfer“ heißt der Titel. Das 160 Seiten starke Buch ist soeben erschienen. Geschrieben hat es Heribert Hölz. Er lässt sein Leben Revue passieren – vom Duisburger Kriegskind und Halbwaisen, das aus ganz einfachen Verhältnissen stammt, bis hin zum Erwachsenen, der sein berufliches und ehrenamtliches Leben der Nächstenliebe widmet, die Bosnienhilfe der Duisburger Caritas gründet und dabei unter Einsatz seines Lebens auf dem Balkan unermüdlich den Ärmsten der Armen hilft.


Die Hilfe muss weitergehen

Über 2,5 Millionen Euro hat die Bosnienhilfe in den letzten 20 Jahren an Spendengeldern gesammelt. 72 Hilfstransporte sind bislang Richtung Balkan gerollt mit weit über 200 Tonnen Hilfsgütern. Zur Zeit werden mehr als 60 bedürftige Familien mit Kindern durch Patenschaften unterstützt, werden unterschiedliche Projekte vorangetrieben und begleitet. „Die Hilfe muss weitergehen“, betont Heribert Hölz. Man könne die Menschen in Bosnien nicht im Stich lassen. Die Kraft, dies alles noch im fortgeschrittenen Alter zu tun, schöpft Hölz aus dem Glauben und seinem Verständnis vom Christsein: „Wir sind aufgerufen, denen zu helfen, die in Not sind, christliche Nächstenliebe in die Tat umzusetzen“, sagt Hölz immer wieder, wenn man ihn nach seiner Motivation fragt. Und er sagt das mit großer Bescheidenheit: „Ich konnte und kann das alles überhaupt nicht alleine machen. Der Dank gilt vor allem den ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern, die Jahr für Jahr mit anpacken, und den vielen Spendern und Unterstützern in Duisburg, am Niederrhein und darüber hinaus.“ (do)


Spendenkonto:
Caritasverband Duisburg, Konto-Nr. 200 104 305 bei der Stadtsparkasse Duisburg (BLZ: 35050000), Stichwort: Bosnienhilfe

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