Sein Name stand für das Revier

Wohl kaum ein Mensch war so verbunden mit der Region, der Landschaft, in der er gelebt und gewirkt hat, wie der Gründerbischof des Bistums an Rhein und Ruhr: Kardinal Franz Hengsbach. Vor 100 Jahren, am 10. September 1910, wurde er in Velmede/Sauerland geboren.

Kardinal Hengsbach vermittelte Hoffnung und Zuversicht

Wohl kaum ein Mensch war so verbunden mit der Region, der Landschaft, in der er gelebt und gewirkt hat, wie der Gründerbischof des Bistums an Rhein und Ruhr: Kardinal Franz Hengsbach. Aber nicht nur das Ruhrrevier, auch die Kirche in Deutschland, die Weltkirche haben mit dem Tod von Dr. Franz Hengsbach am 24. Juni 1991 einen bedeutenden Repräsentanten verloren.

Der Essener Diözesanadministrator, Weihbischof Wolfgang Große, der seit der Annahme des Rücktrittsgesuchs von Kardinal Hengsbach im Februar 1991 das Bistum verwaltete, bezeichnete den Essener Gründerbischof unmittelbar nach dessen Tod als einen Mann, der „mit großer Energie und Zuversicht das Bistum Essen aufgebaut hat“. Darüber hinaus hat Hengsbach den Menschen an Rhein und Ruhr Zuversicht und Hoffnung gegeben in der Zeit der Strukturkrise. „Sein Wirken“, so Weihbischof Große, „wird der Kirche von Essen Leitfaden für die Zukunft sein.“

„Einer von uns“ oder „Kumpel Franz“ oder auch „Ruhrbischof“, das sind Begriffe, die deutlich machen, wie sehr der Name Franz Hengsbach mit der Region an Rhein und Ruhr verbunden ist. Als er am 1. Januar 1958 auf dem Essener Burgplatz bei seiner Amtseinführung seine erste Ansprache hielt im neuen Bistum, da war dies gleichzeitig sein Programm: „Das Bistum ist errichtet! Ich bin jetzt vor Ort gegangen. In Gottes Namen wollen wir die erste Schicht verfahren.“

„Vor Ort“, das war der Begriff, von dem er sich während seiner über 30jährigen Tätigkeit als Bischof von Essen leiten ließ. So war er vor Ort, als erste dunkle Wolken mit den Zechenstillegungen über dem Ruhrgebiet aufzogen. Das hat ihm den Titel Ehrenbergmann eingetragen. Ein Titel, auf den der Bischof immer besonders stolz war. So war er auch vor Ort, als die große Stahlkrise begann. Immer war es sein Bemühen, für die Menschen im Ruhrgebiet, die dem gebürtigen Sauerländer vom Oberlauf der Ruhr in Velmede so sehr ans Herz gewachsen waren, da zu sein. Er war es, der auch den Initiativkreis Ruhrgebiet gründete, um Maßnahmen zur Überwindung der Strukturkrise im Revier zu ergreifen. Dieser Kreis, dem Spitzenvertreter aus Wirtschaft und Industrie angehören, hat entscheidend den wirtschaftlichen Aufschwung im Revier „angeschoben".

Aber auch über den Bereich des Bistums Essen hinaus hat Kardinal Hengsbach viel bewirkt. So war er einer der Gründer der Bischöflichen Aktion Adveniat 1961 und deren Vorsitzender bis zu seinem Tod. Als „Außenminister“ der Deutschen Bischofskonferenz empfing der Essener Kardinal Besucher aus aller Welt in Essen. So war er auch einer der Initiatoren des Briefwechsels zwischen der polnischen und der deutschen Bischofskonferenz zur Aussöhnung zwischen den beiden Völkern. Er war auch einer der Motoren der Polenhilfe, die im Jahre 1981 begann. Dabei ging es ihm nicht nur um materielle Hilfe, sondern auch um die Begegnung der Menschen. Als Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz war er auch entscheidend beteiligt an der Annäherung und Zusammenarbeit der europäischen Bischofskonferenz.
Eine ganz besondere Prägung hat das Amt des Militärbischofs der Deutschen Bundeswehr durch Hengsbach erfahren. Über 17 Jahre hat er den Dienst als Militärbischof getan und sich engagiert für die Belange der Soldaten eingesetzt. Noch heute sind die Spuren des Mannes, den die Feldjäger zu ihrem Ehrenmitglied machten, in der Militärseelsorge deutlich zu sehen.

Dabei war der Weg von Franz Hengsbach, als er am 10. September 1910 als ältestes von acht Kindern der Eheleute Johann und Theresia Hengsbach im Sauerland geboren wurde, so nicht vorgezeichnet. In seinem Heimatdorf Velmede gab es keine Möglichkeit, das Abitur „zu bauen“. Er mußte also ins Knabenkonvikt nach Paderborn. Nach dem Abitur nahm er dann das Studium in der Stadt an der Pader auf und setzte es in Freiburg und Münster fort. Am 13. März 1937 weihte ihn der Erzbischof von Paderborn, Dr. Kaspar Klein, zum Priester. Seine erste Stelle als Kaplan führte Hengsbach ins Ruhrgebiet, nach St. Marien in Herne-Baukau. Dort blieb er bis 1946. Ganz besonders ans Herz gewachsen sind dem Vikar Hengsbach in dieser Zeit die Polen in der Gemeinde, deren Seelsorger er war.
1944 promovierte Hengsbach zum Dr. theol. an der Theologischen Fakultät der Universität Münster. Von 1948 bis 1958 leitete er das Erzbischöfliche Seelsorgeamt Paderborn.
Sein besonderes Engagement galt schon immer dem Apostolat der Laien in der Kirche. So wurde er 1952 erster Generalsekretär des Zentralkomitees der Katholiken und war in dieser Funktion verantwortlich für die Vorbereitung der Katholikentage, insbesondere auch des Bochumer Katholikentages zum Thema „Gerechtigkeit schafft Frieden“. Dieser Katholikentag gilt als ein wichtiger Meilenstein in der Geschichte der christlich-sozialen Bewegung. Am 29. September 1953 schließlich wurde der Leiter des Paderborner Seelsorgeamtes, der bereits 1950 die Gemeinsame Sozialarbeit der Konfessionen im Bergbau mitbegründet hat, zum Weihbischof geweiht. Schon damals war sein Bischofsring Programm. Anstelle eines Edelsteins trug er ein Stück Kohle, darüber errichtet ein Kreuz: „Kreuz über Kohle und Eisen“.

So war es dann nicht weiter verwunderlich, dass er am 1. Januar 1958 erster Bischof des neugegründeten Bistums an der Ruhr wurde. Mit viel Engagement und Einsatz begann er den Aufbau des Bistums, das aus Teilen der Bistümer Köln, Münster und Paderborn zusammenwachsen mußte. Immer war es ihm ein besonderes Anliegen, ein eigenes Essener Bistumsbewußtsein zu schaffen.

Es wäre müßig, alle Verdienste und Tätigkeiten des ersten Bischofs von Essen aufzuzählen. Am 28. Juni 1988 würdigte der Papst das Wirken des Bischofs mit der Aufnahme in das Kardinalskollegium. Der Essener Bischof hat diese ehrenvolle Berufung jedoch nie als persönliche Ehrung empfunden, sondern immer als Auszeichnung für das gesamte Revier.

Als im Februar 1991 sein Rücktrittsgesuch als Bischof von Essen, das seit mehr als fünf Jahren in Rom vorlag, vom Papst angenommen wurde, steckte er noch voller Pläne. Er wollte, wie er selbst sagte, „Sachen tun, die ich bis dato nicht tun konnte“. Dazu ist er dann nicht mehr gekommen. Er hat jedoch im Bistum Essen, im Revier, in der Weltkirche Spuren hinterlassen, die Zeugnis geben von einer fest verwurzelten Liebe zur Kirche und zum Menschen. Und die Menschen haben ihn geliebt. Nicht enden wollte der Zug der Trauernden, die dem toten Kardinal im offenen Sarg im Essener Dom die letzte Ehre erweisen wollten. Immer wieder besuchen Bürger aus dem Revier auch heute noch seine Grabstätte in der Adveniat-Krypta (Westkrypta) des Essener Domes. (he/mi)

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