von Cordula Spangenberg

Risiko Freiheit

Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck diskutierte mit Rechtsexperten über die Sicherheitssituation in Deutschland

Wer größtmögliche Sicherheit wünscht, muss seine Freiheit aufgeben: So äußerten sich übereinstimmend Rechtsexperten und Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck bei der Jahresveranstaltung des Juristenrates im Bistum Essen zur „inneren Sicherheit im deutschen Rechtsstaat“ am Montag in der Katholischen Akademie „Die Wolfsburg“ in Mülheim.

„Das Sicherheitsstreben findet seine Grenze an den Freiheitsrechten der Bürger“, sagte Prof. Martin Morlok, Rechtswissenschaftler aus Düsseldorf. Wenn die Polizei in Situationen mit greifbarem Risiko präventiv eingreife, beeinflusse das die Freiheit der Menschen – so zum Beispiel bei der elektronischen Vorratsdatenspeicherung. Sein Vorschlag: „Eine größere Gelassenheit entwickeln.“

Auch Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck beobachtet, dass viele Sicherheitsprobleme sich aus der Angst der Menschen entwickelten. Mit ordnungspolitischen Maßnahmen ließe sich diese Angst nicht auflösen. Derzeit sei zu beobachten, dass politische Parteien die Menschen verängstigten, indem sie Sicherheitsfragen vereinfachten zu trivialen Lösungen. „Es gehört zur Christenpflicht, die Komplexität dieser Sicherheitsfragen nicht zu reduzieren.“

„Objektives und subjektives Sicherheitsempfinden fallen auch in den Ruhrgebietsstädten weit auseinander“, beobachtet Frank Richter, Polizeipräsident in Essen/Mülheim. Ein Beispiel: Essen und Mülheim gehörten laut Kriminalstatistik zu den sichersten Städten Deutschlands; der Mülheimer Bahnhof habe den Bürgern im unrenovierten, Zustand dennoch erhebliche, wenn auch unbegründete Angst vermittelt. Auch die Medien, so Richter, machten mit der Angst der Menschen Quote, wenn sie Stadtviertel zu „Brennpunkten“ und „No-Go-Areas“ herabstuften.

Prof. Hans-Jürgen Lange, Präsident der Deutschen Hochschule der Polizei, sieht Gefahren vor allem darin, dass das überaus komplexe System der Sicherheitsbehörden – kommunale Ordnungsdienste, Polizei, Nachrichtendienst, Katastrophenschutz, private Sicherheitswirtschaft – politisch nicht mehr überblickt und gesteuert werden könnte: „Es wäre nicht vorteilhaft, im Zuge einer Bedrohung alle Sicherheitssysteme zu einer Super-Behörde zusammenzubringen, weil die föderale Struktur ja auch demokratische Möglichkeiten garantiert.“ Lange sieht zudem, dass die Bürger einerseits höchste Sicherheitskontrolle vom Staat einforderten, im privaten Rahmen aber oft sorglos mit der eigenen Sicherheit etwa im Internet oder beim Gebrauch von Kundenkarten umgingen.

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