von Markus Kremser

Mädchenchor zu Gast bei "katholisch in Lutherstadt"

Eine Woche lang gestaltet das Bistum Essen das Programm zum Reformationsjubiläum in der katholischen Kirche in Wittenberg.

Scheinbar schräge Töne lassen die Zuhörer am Anfang stutzen. Der Mädchenchor am Essener Dom gastiert am Freitagabend in der evangelischen Wittenberger Stadtkirche St. Marien. Es sind die Klänge von Benjamin Brittens Missa Brevis in D op. 62 für Chor und Orgel, die für manchen der 250 Zuhörer erst befremdlich klingen, um dann von Stück zu Stück immer vertrauter und scheinbar harmonischer zu werden. In einer gemäßigt modernen Tonsprache, die trotz ihrer Dissonanzen auch für Kinder und Jugendliche gut zu meistern ist, hat der englische Komponist Britten den lateinischen Text des „Ordinarium missae" - mit Ausnahme des Credo – vertont und macht auf diese Weise die alten Texte neu erfahrbar.

Neben der Missa Brevis von Benjamin Britten präsentiert der Mädchenchor in diesem Chorkonzert unter der Leitung von Raimund Wippermann Geistliche Musik aus fünf Jahrhunderten und spannt damit einen weiten Bogen über die europäische Geschichte der Kirchenmusik. Von einer Psalmenvertonung von Max Gulbins, einem Zeitgenossen von Felix Mendelssohn-Bartholdy, über Kompositionen von Henry Purcell, Mary Goetze und David Willocks reichen die dargebotenen Chorstücke bis hin zu den „Psalmi novi" des belgischen Komponisten Kurt Bikkembergs: Als Auftragskompositionen für das Europa Antat-Festival 2006 in Mainz komponiert vertonen diese Stücke Psalmdichtungen des Belgiers Jos Stratband, die sich eng an die Originalpsalmen aus der Bibel anlehnen. Gleichzeitig bringen sie jedoch auch Fragen und Zweifel unserer Zeit explizit ins Wort. Der Abschluss des Konzertes ist ein Gruß an die Gottesmutter Maria. Dabei erklingt zwar zweimal der gleiche Text, jedoch von Franz Herzog und Joseph Gabriel Rheinberger jeweils ganz unterschiedlich vertont.

„Es ist natürlich etwas Besonderes hier ein Konzert zu geben", sagte Chorleiter Raimund Wippermann im Anschluss an das Konzert. Zum einen sei der Chor hier noch nie aufgetreten, zum anderen sei es verbindend wenn ein katholischer Chor in der evangelischen Stadtkirche von Wittenberg auftrete. Er sei sehr zufrieden mit dem Konzert. Die Mädchen seien am Ende des Schuljahres „ein bisschen am Ende ihrer Kraft" und hätten dennoch sehr schön gesungen.

Auch für Karoline Köster ist es ein Ereignis, hier zu singen. „Ich bin selber evangelisch. Deshalb ist es schon etwas Besonderes", sagt die 16-Jährige. Und die gleichaltrige Carolina Vögelin sagt „Mit dem geschichtlichen Hintergrund ist es für uns etwas Besonderes hier zu singen und auch die Stätten der Reformation besuchen zu können".

Weihbischof Wilhelm Zimmermann sieht das Konzert des Mädchenchores als einen Höhepunkt der Woche, die das Bistum Essen in Wittenberg im Rahmen des Projektes „katholisch in Lutherstadt" gestaltet hat. Auch die Eucharistiefeier der Wittenberger katholischen Pfarrgemeinde am Sonntag gestaltet der Mädchenchor musikalisch. „Ich habe den Eindruck, dass die katholische Gemeinde hier zwar klein aber sehr lebendig ist", sagt Weihbischof Zimmermann. Und 3.500 Katholiken leben hier nicht nur in Wittenberg sondern auch verstreut in der Umgebung. „Die bringen hier unendlich viel auf die Beine", sagt Zimmermann anerkennend. Die Kirche sei ansprechend und einladend und zum Sonntagsgottesdienst brechend voll, so dass viele neben und hinter den Bänken stehen müssen. Vom hier in Lutherstadt Wittenberg begangenen Reformationsjubiläum habe er den Eindruck, dass die Besucherzahlen hinter den Erwartungen zurück blieben. Man spüre, dass Wittenberg abseits der Metropolen liege.

Die Deutsche Bischofskonferenz hat das Reformationsjubiläum zum Anlass genommen, um mit dem Projekt „katholisch in Lutherstadt" präsent zu sein. Viele Bistümer und ein katholisches Hilfswerk gestalten eine Woche lang Gebetszeiten, Gottesdienste und weitere Veranstaltungen in und um die kleine katholische Kirche von Wittenberg. Vom 5. bis 10. Juli gestaltet das Bistum Essen Kurzmeditationen, Konzerte, Vorträge und eine Eucharistiefeier in Wittenberg.

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