von Christoph Grätz

Kneipentour gegen Stammtischparolen

„Sach wat! Tacheles für Toleranz“: Mit einer Kneipentour will die Caritas Mut machen, für Menschlichkeit einzutreten

„Als ich vor ein paar Jahren meinen Job im Ensemble des Oberhausener Theaters verloren habe, hat kein Hahn danach gekräht. Wir müssen sparen, hieß es. Heute ist auf einmal wieder Geld da, für alles Mögliche, auch für Kunst und für sogenannte Künstler, nur mit Migrationshintergrund müssen sie sein.“ So beginnt das Selbstgespräch der Schauspielerin Karin Kettling, das dann in ausländerfeindlichen und rassistischen Sprüchen gipfelt, bis… Ja, bis endlich ihr Kollege, Jürgen Albrecht, ebenfalls Schauspieler, den geradezu körperlich schmerzenden Monolog beendet und in die betretene Stimmung in die Runde fragt: „Na wie hat sich das angefühlt?“ Schauplatz des Geschehens am Freitag war die Kneipe „Rosi“ in der Gelsenkirchener Innenstadt.

Das Schauspielerduo ZUVIELCOURAGE zeigte den etwa 50 Gästen des Abends einige Strategien, um auf Situationen wie diese zu reagieren: stören, auf dem Handy möglichst laut den Lieblingssong abspielen, dazwischen rufen. Der Abend mit seinen zwei szenischen Darstellungen bot noch einiges an provozierenden Momenten, und das war auch Absicht. Denn bei „Rosi“ war der Auftakt einer Kneipentour für Toleranz durch fünf Ruhrgebietskneipen und Teil des Caritas-Projektes „Sach wat! Tacheles für Toleranz.“ Die beiden Schauspieler entlarvten im gespielten Streitgespräch Argumentations- und Verhaltensmuster und zeigten Gegenstrategien auf, etwa zu fragen: „Hast Du das schon mal erlebt?“ oder „Wie kommst Du darauf, dass alle so sind?“ Albrecht und Kettling empfehlen in solchen Situationen Verbündete zu suchen, die Gesprächsführung zu übernehmen oder positive Gegenbeispiele zu bringen. Am Ende des Abends kam das Duo mit den Kneipengästen ins Gespräch, fragten nach persönlichen Erfahrungen mit Rassismus und Ausländerfeindlichkeit und entwickelte mit den Gästen Gegenstrategien.

„Viele von uns sind nicht geübt im Umgang mit rassistischen und ausländerfeindlichen Sprüchen. Wir schweigen dann und ärgern uns später, nicht reagiert zu haben. `Sach wat! Tacheles für Toleranz´ will genau das verhindern. Wir wollen Menschen für Vorurteile sensibilisieren und sie schulen, sachlich, rhetorisch geschickt und entschieden darauf zu reagieren. Und wir wollen Mut machen, für Toleranz und Menschlichkeit im Alltag einzutreten“, erklärt Dara Franjic, Referentin für Migration und Flüchtlinge bei der Caritas im Ruhrbistum, die das Projekt mitentwickelt hat. Kneipengast Uwe Pöschke (49) fand vor allem interessant zu sehen, wie viele Reaktionsmöglichkeiten es gibt. “Das könnte mir in der nächsten Situation helfen, schlagkräftiger zu reagieren.“

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Weitere Termine der Kneipentour für Toleranz

Ein weiterer Tourtermin steht mit dem 27. Januar in Bochum fest. Weitere Veranstaltungen wird es in Essen, Gladbeck und Schwelm geben. Die Termine sind öffentlich. Anmeldungen sind aus Sicherheitsgründen erforderlich.

Alle Infos und Termine: www.caritas.ruhr/sachwat

Info: „Sach wat! Tacheles für Toleranz“ ist ein Zivilcourage-Projekt der Caritas im Bistum Essen mit insgesamt 27 Veranstaltungen. Neben den fünf Kneipenabenden bietet die Initiative eine Reihe von 16 Argumentationstrainings gegen Vorurteile für Mitarbeitende in sozialen Einrichtungen. „youngcaritas im ruhrbistum“ und das Projekt „Flüchtlinge mitnehmen“ schulen in fünf Workshops Schüler/-innen, Azubis und Studierende im Umgang mit Hasskommentaren in sozialen Medien (Hate Speech). Die Projektaktivitäten, bis Ende Januar 2017, werden aus dem Programm „KOMM-AN NRW“ der Landesregierung NRW in Düsseldorf gefördert.

Kontakt ZUVIELCOURAGE: Karin Kettling, Jürgen Albrecht, E-Mail Karin-kettling@gmx.de

Pressestelle Bistum Essen

Zwölfling 16
45127 Essen