von Thomas Rünker

Im Spannungsfeld von Barmherzigkeit und Gerechtigkeit

Glaubensgespräch mit Ruhrbischof Overbeck auf dem Weltjugendtag in Krakau mit rund 500 Jugendlichen aus dem Bistum Essen und vielen andere Regionen Deutschlands.

Gebet und tätige Nächstenliebe

Das gläubige Gebet und die tätige Nächstenliebe gehören für Christen untrennbar zusammen. Das hat Ruhrbischof Dr. Franz-Josef Overbeck am Freitag vor rund 500 Jugendlichen aus dem Ruhrgebiet und anderen Regionen Deutschlands bei einem Glaubensgespräch auf dem Weltjugendtag in Polen betont. Mit Blick auf das Thema des großen Jugendtreffens – „Selig sind die Barmherzigen…“ – betonte Overbeck, dass zum barmherzigen Handeln immer auch die Gerechtigkeit gehören müsse. „Barmherzigkeit ohne Gerechtigkeit führt zum Chaos, Gerechtigkeit ohne Barmherzigkeit ist hart“, sagte er mit Verweis auf den mittelalterlichen Kirchenlehrer Thomas von Aquin in der Paulus-Kirche im Krakauer Vorort Wielicka.

Dass dies eine schwierige Gratwanderung ist, wurde anschließend bei einer Fragerunde mit den Jugendlichen am Beispiel von Bettlern deutlich: Ob man ihnen aus Gründen der Barmherzigkeit hilft oder dies aus Gründen der Gerechtigkeit verweigert könne immer nur eine Entscheidung des Gewissens sein, sagte der Bischof. Er empfahl, neben aktuellen Not-Situationen immer auch die langfristige Perspektive in den Blick zu nehmen. Die Gratwanderung bleibe und sei hochaktuell: „Wir leben in einer Zeit, in der wir das Spannungsfeld von Barmherzigkeit und Gerechtigkeit immer neu denken müssen“, so Overbeck.

„Militärische Gewalt als Ultima Ratio“

Von den Jugendlichen heiß diskutiert wurde auch Overbecks Rolle als deutscher Militärbischof. „Militärische Gewalt darf immer nur die Ultima Ratio sein – und sie muss immer dem Frieden dienen“, betonte Overbeck auf die Frage nach der christlichen Rechtfertigung für Gewalt.

Video-Beiträge vom „Preacher-Slam“

Das Glaubensgespräch mit Bischof Overbeck und die anschließende Messe waren für das Team aus dem Ruhrbistum am Freitag der Schlusspunkt der drei Katechese-Tage auf dem Weltjugendtag. Drei Tage lang hatten die Essener gemeinsam mit Jugendlichen aus den Bistümern Aachen, Dresden-Meißen und Görlitz die Bibel-Auslegungen von Bischöfen gehört, ihnen Fragen gestellt und gemeinsam gesungen und gebetet. Für das abwechslungsreiche Programm gab es von den Jugendlichen und ihren Seelsorgern viel Lob – vor allem für die schwungvolle Musik, für die der Oberhausener Rainer Kowanda am Keyboard, der Gelsenkirchener Kaplan Marius Schmitz am Saxophon und der Essener Valentin Weßkamp an der Cajon verantwortlich waren. Jeweils zum Einstieg in den Katechese-Tag hatte das Team des Bistums zudem Video-Beiträge vom „Preacher-Slam“ des Ruhrbistums gezeigt, die sich auch um das Thema Barmherzigkeit drehten.

Vorfreude auf das Abschlusswochenende

„Es ist toll, dass man die Bischöfe hier so viel fragen kann und dass sie so offen sind“, sagt die 18-jährige Marie aus Bochum. „Es ist schön, dass sie auch ihre private Meinung zu unseren Fragen sagen.“ Der Essener Marcel (17) spricht sogar von „einem großen Geschenk“. Auch mit dem Weltjugendtag insgesamt sind die Jugendlichen aus der Bistums-Gruppe bislang mehr als zufrieden. „Die Gastfreundschaft, die wir hier erleben, ist echt überwältigend“, sagt Marcel, der in Krakau in einer Gastfamilie untergebracht ist. Fabiene (20) aus Oberhausen ist von der ausgelassenen Stimmung in der Stadt, aber auch von den gemeinsamen Gottesdiensten besonders angetan: „Gestern waren wir bei der Willkommensfeier für den Papst, das war echt super.“ Auch wenn die drei traurig sind, dass der Weltjugendtag am Sonntag schon wieder vorbei ist, freuen sie sich nun auf das Abschlusswochenende mit zwei Gottesdiensten mit Papst Franziskus und einer Freiluftübernachtung auf dem „Feld der Barmherzigkeit“, zu dem rund 1,5 Millionen Jugendliche erwartet werden.

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