Eine klassische Hilfe zur Selbsthilfe

Die Menschen in Bosnien-Herzegowina sind auch 14 Jahre nach Kriegsende längst noch nicht über den Berg. Deshalb engagiert sich die Bosnienhilfe des Caritasverbandes Duisburg nach wie vor in dem Balkanland.

Bosnienhilfe der Duisburger Caritas unterstützt Kleinbauerngenossenschaft

Wenn er „vor Ort ist“, dann ist Heribert Hölz, Motor der Bosnienhilfe der Caritas in Duisburg, auf dem Balkan. Jetzt war er wieder, begleitet von Caritasdirektor Hans-Jürgen Kocar und drei Journalisten, in Bosnien-Herzegowina. Auf der fast 1200 Kilometer langen Strecke quer durch das Land informierte sich Hölz über den Stand der zahlreichen Projekte und die Situation der Menschen 14 Jahre nach Ende eines schrecklichen Krieges. Wir berichten über diese sechs Tage lange Fahrt durch ein Land, das nicht nur territorial geteilt ist, sondern in dem ethnisch-religiöse Konflikte nach wie vor das Zusammenleben der Menschen erschweren.

Es ist heiß. Die Luft flimmert über dem Kartoffelacker in Pločari, einem kleinen Dorf in der Nähe der bosnischen Stadt Fojnica. Staubtrocken ist die Erde, die mit Kartoffeln übersät ist.  Es ist Erntezeit. Ruhig steuert Salih Hurem den kleinen roten Traktor mit dem Kartoffelernter durch die Reihen des Feldes.  Der Kleinbauer ist zufrieden mit dem diesjährigen Ertrag an Speisekartoffeln. Dass er überhaupt einen Traktor und landwirtschaftliche Geräte nutzen kann, verdankt er der vor zwei Jahren in Fojnica gegründeten Genossenschaft von Kleinbauern, die auch von der Bosnienhilfe der Duisburger Caritas finanziell unterstützt wird. Ohne diese Genossenschaft sähe es für Salih Hurem düster aus: kein Traktor, keine Maschinen, kein Saatgut, keine fachliche Begleitung, kein Einkommen. „Ich habe nur Vorteile durch die Genossenschaft“, sagt der Kleinbauer und lächelt dankbar. Neben den Maschinen bekomme er auch Saatgut für den Anbau von Kartoffeln, Getreide, Bohnen und Erbsen. „Das gibt Sicherheit“, meint Salih. Seine Ernte verkauft er an Privatabnehmer und an die Genossenschaft. Für die Mitgliedschaft zahlt er jährlich nur einen kleinen symbolischen Betrag.

Rund 35 Kleinbauern gibt es in der Gegend rund um Fojnica. „Sie konnten alleine nicht über die Runden kommen“, berichtet Gordana Erkić, Büroleiterin der Genossenschaft. Und so suchte Don Mirko, Franziskanerpater aus dem Kloster in Fojnica, nach einer Lösung. Seine Idee: die Gründung einer Genossenschaft mit dem Namen „ZZ PUP“, was
soviel heißt wie „Kooperation für Hilfe in der Landwirtschaft“. 22 Bauern zählt sie heute. „Wir können so rationaler arbeiten“, betont Gordana Erkić.  Das Prinzip ist einfach: größere Flächen, gemeinsame Bewirtschaftung und gemeinsame Nutzung von Maschinen. Und das Ganze rechnet sich. Die Erlöse stimmen, sowohl für die Bauern als auch für die Genossenschaft.


Schaffung neuer Arbeitsplätze

Neben der Büroleiterin gehören auch zwei Agronomen zum Genossenschaftspersonal. In einem gemieteten Haus in Fojnica ist die Zentrale untergebracht. Hier werden Saatgut aus eigener Produktion, Dünger, landwirtschaftliche Kleingeräte und vieles mehr zum Verkauf angeboten. Am Ortsrand der Stadt unterhält die Genossenschaft noch ein Lager. „Während der Erntezeit beschäftigen wir zusätzlich weitere 70 Personen“, erzählt Gordana Erkić nicht ohne Stolz.

Außerdem helfen die 22 Genossenschaftsbauern auch den Kleinbauern der Region, wie zum Beispiel dem 78-jährigen Nikola Oroz. Sein kleines Haus liegt weit ab in einer Landschaft mit sanften, bewaldeten Hügeln. Er ist zu alt, um seine kleinen Felder selber zu bewirtschaften. Damit sie nicht verwildern, hat er sie an die Genossenschaft verpachtet. Auf dem kleinen Feld gleich neben seinem Haus zieht gerade der rote Mähdrescher der Genossenschaft seine Bahnen, um den Saatweizen zu ernten. Zufrieden verfolgt der Witwer, der monatlich eine Rente von 150 Euro bekommt, die Arbeiten auf dem Feld. Dank der Genossenschaftshilfe bleibt er „ein wenig Bauer“, auch wenn er selber nicht mehr mit anpacken kann.

Ortswechsel. Draußen ist es heiß. Doch in der Küche von Svjetlana Miletić in dem kleinen Dorf Otigoŝć ist es noch heißer. Geduldig rührt sie in dem großen Milchtopf. Die junge Frau ist gerade dabei, Käse herzustellen. Darauf hat sie sich spezialisiert. Auch hier hat die Genossenschaft geholfen, und zwar mit einem Kredit über 600 Euro für die Anschaffung einer Melkmaschine für die drei Kühe. Den Kredit zahlt sie in kleinen Raten zurück. „Jetzt kann ich unser Familieneinkommen etwas aufbessern, uns geht es wieder etwas besser“, sagt Svjetlana dankbar. Ihren Käse verkauft sie mittlerweile nicht nur in der Umgebung. Auch in Österreich, Deutschland und der Schweiz hat sie Abnehmer gefunden.

„Aus einer vor Ort  geborenen Idee ist ein erfolgreiches Projekt geworden, das Menschen rund um Fojnica wieder eine Zukunftsperspektive gibt“, freut sich Heribert Hölz. Mit rund 35.000 Euro hat die Bosnienhilfe der Duisburger Caritas Starthilfe geleistet, hauptsächlich für die Anschaffung landwirtschaftlicher Maschinen. Hölz freut sich darüber, dass in Fojnica Menschen selber die Initiative ergriffen haben, um sich eine Zukunftsperspektive zu erarbeiten. „Unsere Unterstützung ist hier eine klassische Hilfe zur Selbsthilfe“.

Das sieht Salih Hurem nicht anders. Auf die Frage, wie das Leben seiner Familie ohne die Genossenschaft aussehen würde, schweigt er. Er mag sich das gar nicht vorstellen. Dabei ist der Krieg doch schon 14 Jahre vorbei. Die große Kartoffel, die er in seiner Hand hält, wirkt wie ein Symbol der Hoffnung auf bessere und friedlichere Zeiten. (Fortsetzung folgt)

Spenden für die Bosnienhilfe können auf das Konto des Caritasverbandes Duisburg bei der Stadtsparkasse Duisburg, Bankleitzahl: 350 500 00, Konto-Nr. 200 104 305, Stichwort: „Bosnienhilfe“, überwiesen werden. (do)

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