Ein Gottesdienst mit Feuer, Weihrauch und duftendem Öl

Nach dem Umbau der Kirche in der Mülheimer Akademie "Die Wolfsburg" hat Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck am Freitagabend in einer eindrucksvollen Liturgie den neuen Altar geweiht.

Ruhrbischof Overbeck weiht Altar in der Mülheimer Akademie „Die Wolfsburg“

In einem außergewöhnlichen Gottesdienst hat Ruhrbischof Dr. Franz-Josef Overbeck am Freitagabend, 13. Dezember, den Altar der neu gestalten Kirche in der Katholischen Akademie „Die Wolfsburg“ geweiht. Nach rund einem Jahr Planungs- und Umbauzeit wurde das Gotteshaus in der Mülheimer Bildungseinrichtung damit seiner Bestimmung übergeben.

Feuer, Weihrauch, duftendes Öl – es sei schon „ein recht archaischer Ritus“, mit dem die katholische Kirche einen neu errichteten Altar weihe, kündigt Overbeck zu Beginn der eindrucksvollen Zeremonie an. Und ein recht seltener Ritus zudem: Für Overbeck ist es zumindest die erste Altarweihe als Ruhrbischof, für viele der rund 100 geladenen Gäste dürfte es eine wirkliche Premiere sein. In der „Wolfsburg“ war sie nötig geworden, weil die bisherige Kapelle so grundsätzlich umgebaut wurde, dass in ihrer Mitte nun auch ein neuer Altar steht – zusammen mit einem neuen Ambo. Das Lesepult und der Altar, beide aus Messing, stehen sich gegenüber und bilden eine Einheit – verbunden durch ein Messingband im Boden.

In dieses Messingband setzt Overbeck zu Beginn der Altarweihe zunächst eine Reliquie ein. Wie jeder katholische Altar enthält auch der in der neuen Akademiekirche Überreste eines Heiligen – in diesem Fall des Philosophen und Kirchenlehrers Thomas von Aquin. Overbeck besprengt den Altar von allen Seiten mit Weihwasser, bevor er sich eine Schürze anlegen und weiße Stulpen über die Unterarme ziehen lässt. Mit bloßen Händen verteilt er dann den Inhalt einer Kanne wohlriechenden Chrisam-Öls über die braune Messing-Oberfläche des Altars. Behutsam streicht er das Öl in jede Ecke, es soll an Christus, den „Gesalbten“ erinnern. Overbeck lässt sich Zeit, während die Gläubigen, die in dieser Kirche direkt neben Altar und Ambo sitzen, den ungewöhnlichen Ritus beobachten. Als nächstes sehen sie, wie fünf silberne Schalen auf die nun feucht glänzende Altar-Oberfläche gestellt werden. Je vier zu einem Kreuz gebundene Dochte ragen aus den Schalen – Zeichen für die Wundmale, die Jesus Christus am Kreuz zugefügt wurden. Mit einem langen Docht entzündet Overbeck die Schalen, in denen sich das Feuer nach und nach zu kleinen Weihrauch-Haufen vorarbeitet, die jeweils in der Mitte der Schale liegen. Das Schweinwerfer-Licht wird gedimmt. Jetzt beleuchten die Flammen auf dem Altar die Szenerie und die Gottesdienst-Besucher sehen von unten, wie die langsam immer dichter werdenden Weihrauch-Wolken zur Decke der kleinen Kirche ziehen. Wie Weihrauch soll das Gebet der Gläubigen zum Himmel empor steigen, hatte Dr. Karl-Georg Reploh, Geistlicher Rektor der „Wolfsburg“, zuvor dieses Zeichen erläutert. Eindruckvolle, atemberaubende Momente in der kleinen Akademiekirche, bevor das Licht wieder eingeschaltet und der Altar für die folgende Messfeier aufwändig gesäubert wird.

„Wir haben einen Raum wiederhergestellt“, hatte Bischof Overbeck in seiner Predigt mit Blick auf die Parabel-Form gesagt, die die hohen, weißen Außenwände der neu gestalteten Akademiekirche nun zeichnen. Diese Form hatten schon die Erbauer der ersten Kapelle im Sinn, die wenige Jahre nach Gründung der Akademie Mitte der 1960er Jahre an gleicher Stelle geweiht worden war. Durch verschiedene Umbauten war diese klare Struktur jedoch verschwunden. Als nun eine defekte Heizung und ein ungedämmtes Dach eine Renovierung erforderlich machten, nutzten Ruhrbistum und Akademie die Chance, auch den Innenraum den heutigen liturgischen Vorstellungen anzupassen – und gleichzeitig an die eigene Geschichte anzuknüpfen. Man müsse wichtige Räume „in den Schultern empfinden können“, zitierte Akademie-Direktor Dr. Michael Schlagheck in seiner Begrüßung den Theologen Romano Guardini und betonte, die neue Kirche sage viel aus über die Arbeit der Akademie und den „damit verbundenen Anspruch“. So etwa die Alabasterwand, die hinter dem Ambo den Bogen der Parabel betont und durch die das Licht der dahinter liegenden Strahler nur schemenhaft scheint. „Wir suchen nach einem Sinn, der hinter den Dingen liegt“, sagt Schlagheck nicht nur mit Blick auf das Programm der „Wolfsburg“, sondern auch auf das Verständnis jedes Christen.

Als sehr eindrucksvoll beschreiben nach dem Gottesdienst viele Besucher den in die Alabasterwand eingelassenen Tabernakel. Er ist in der Akademie-Kirche nicht nur Ort der Aufbewahrung der geweihten Hostien, sondern auch der Anbetung des Allerheiligsten, das ansonsten meist in einer Monstranz ausgestellt wird. Hier scheint die in einer unsichtbaren Halterung befestigte Hostie vor der Rückwand aus Bergkristallen gleichsam zu schweben.

Schlagheck betont, dass die neue Kirche nicht nur als Raum für Gottesdienste dienen soll. Vielmehr soll sie integraler Bestandteil der Akademie sein und jedem Besucher offen stehen. „Ganz bewusst haben wir das Ewige Licht vor der Tür installiert“, erläutert Schlagheck. Auf dem von vielen Akademie-Besuchern genutzten Weg vom Eingang zum Auditorium soll die brennende Kerze jedem Gast zeigen, „dass dieser Ort etwas Besonderes ist“. Zudem sei nun jeder Tagungsleiter eingeladen, mit seiner Gruppe auch einen „hOra“ genannten geistlichen Impuls in der Kirche zu feiern, sagt der Akademie-Direktor.

Details über die Architektur und die Gestaltung der neuen Akademiekirche erläutern Architekt Guido Hülsmann und der für die Gestaltung von Altar und Ambo verantwortliche Pater Abraham Fischer, Prior der Benediktinerabtei Königsmünster, am Mittwoch, 19. Februar, ab 18:30 Uhr bei einem Gespräch mit dem Titel „Raum und Glaube“ in der Wolfsburg. „Raum und Wirkung“ heißt die Veranstaltung am Donnerstag, 6. März, mit dem Psychoanalytiker und Theologen Dr. Dieter Funke. Und am Freitag, 21. März, geht es ab 21 Uhr mit Texten und Musik um den „Spirituellen Resonanzraum“ und die Frage „wie klingt die neue Akademiekirche?“

Alle Veranstaltungen sind kostenlos, Anmeldung bei der „Wolfsburg“ unter Tel.: 0208-99919-981, im Internet unter www.die-wolfsburg.de oder per E-Mail: die.wolfsburg@bistum-essen.de. (tr)

Predigt Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck im Wortlaut (PDF)

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