„Die Tradition der Kirche fragt nach der Norm“

Beifall, aber auch lautstarke Zwischenrufe gab es am Mittwochabend beim 2. Essener Domgespräch. Hier stellte sich Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck den Fragen der früheren Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer. Dabei ging es auch um das Thema "Homosexualität".

Bischof Overbeck konkretisiert Aussage zur Homosexualität

Bischof Franz-Josef Overbeck hat seine auf Widerspruch gestoßenen Äußerungen zur Homosexualität konkretisiert. Er hätte in der ARD-Talkshow "Anne Will" im April besser sagen sollen, Homosexualität auszuleben, sei eine Sünde, sagte er am Mittwochabend auf einem Gesprächsabend im voll besetzten Essener Dom. So stehe es auch im Katechismus. Er stehe jedoch fest zur Glaubenstradition der Katholischen Kirche, wonach zur Zielführung von Sexualität in erster Linie die Partnerschaft und Liebe zwischen Mann und Frau gehöre. Overbeck hatte in der TV-Sendung gesagt, Homosexualität sei Sünde und widerspreche der menschlichen Natur.

Er räume ein, dass es eine Spannung gebe zwischen dieser Tradition und dem, was Teile der Gesellschaft zu diesem Punkt verträten. Es sei jedoch Aufgabe der Kirche zu formulieren, wie geglücktes Leben gelingen könne. „Und als Bischof stehe ich dafür ein, was zum Glaubensgut der Katholischen Kirche gehört“, stellte Overbeck klar.
Die lange Glaubensgeschichte gebe Auskunft darüber, wofür Gott die Menschen geschaffen habe. Es gehe bei der Wahl der Lebensform nicht um Freiheit von allen Normen, sondern darum, wie man als Christ innerhalb der von Gott gegebenen Normen ein erfülltes Leben führe. „Die Kirche kommt aus einer Tradition, die erst einmal nach der Norm fragt, nicht nach der Form“, betonte der Bischof.

Lautstarke Zwischenrufe von Vertretern des „Forums Essener Lesben und Schwule“ gab es beim Thema Homosexualität. Dass aufgrund des besonderen Gesprächscharakters der Veranstaltung eine breite Diskussion mit dem Publikum nicht möglich sei, darauf wies die Moderatorin und frühere Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer hin, griff jedoch einzelne Zwischenrufe im Gespräch mit dem Bischof auf. Dieser zeigte Bereitschaft zu einem Gespräch – in gegenseitigem Respekt und in angemessenem Rahmen. „Wir werden ein äußerst strittiges Thema diskutieren“, so Overbeck. Es gehöre zu einer „offenen Gesellschaft“, auch „Strittiges und Sperriges zu vertreten und das auch strittig zu halten“. Diesem Ringen stelle er sich als Bischof.


Overbeck äußerte sich auf dem 2. Domgespräch der Katholischen Akademie "Die Wolfsburg". Dabei ging es auch um Fragen zum persönlichen Leben des Bischofs, zu seinem Verhältnis zum Ruhrgebiet und um die Zukunft von Kirche in der sich wandelnden Gesellschaft. Fassungslosigkeit war dem Gesicht des Bischofs erneut beim Thema „Sexueller Missbrauch durch Priester“ abzulesen. „Es ist wie ein Messer in meiner Seele, und ich habe mich gefragt: Was kann das für einen Menschen bedeuten, der das erleiden musste?“, sagte Overbeck. Er habe sich auch gefragt: „Wo war da Gott?“ Erst vor wenigen Wochen hatte der Bischof offiziell die Opfer um Entschuldigung gebeten.  Nichts entschuldige das Vertuschen, Verschleiern und Nicht-Handeln in der Vergangenheit. Er werde alles tun, die Fälle lückenlos aufzuklären und den Opfern Hilfe anzubieten. Der entstandene Vertrauensverlust sei so schnell nicht wieder zu beseitigen. Doch: „Wir sind eine lernende Kirche“, so Overbeck. Es gelte, Vieles zu bedenken: das Verhältnis zu Sexualität und Macht genauso wie Priesterausbildung und Prävention. „Es ist ein Krise, aus der auch wieder etwas wachsen kann“, so Overbeck. (KNA/do)

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