„Freunde, dass der Mandelzweig wieder blüht und treibt…“

8. Mai 2016: Kriegsende vor 71 Jahren

"Freunde, dass der Mandelzweig",so beginnt ein Lied des jüdischen Theologen Schalom Ben-Chorin. Er schrieb es während des Zweiten Weltkrieges in Jerusalem („Das Zeichen“, 1942). Es entstand vor dem Hintergrund jüdischen Leids im Dritten Reich ­– ein langer Karfreitag. Im Symbol des Mandelzweigs, der Mandelblüte redet es von Auferstehung, vom Wiedererwachen des Lebens und der Liebe:

Freunde, dass der Mandelzweig
wieder blüht und treibt,
ist das nicht ein Fingerzeig,
dass die Liebe bleibt.

Dass das Leben nicht verging,
so viel Blut auch schreit,
achtet dieses nicht gering,
in der trübsten Zeit.

Tausende zerstampft der Krieg,
eine Welt vergeht.
Doch des Lebens Blütensieg
leicht im Winde weht.

Freunde, dass der Mandelzweig
sich in Blüten wiegt,
bleibe uns ein Fingerzeig,
wie das Leben siegt.

Einmal nach der Entstehung des Liedes gefragt, antwortete Ben-Chorin, dass ihn die „leise Botschaft des Mandelbaums“ oft getröstet habe, nicht nur im Krieg. „Ein bisschen verrückt ist das ja schon: ein zarter Blütenzweig als Protest gegen den Druck von Hoffnungslosigkeit. Aber muss man nicht ein bisschen verrückt sein, um die Hoffnung nicht aufzugeben in dieser Welt, und den Glauben an Gott?“

Mich macht es unendlich traurig, dass in unserer Welt auch heute so vieles so furchtbar abläuft: Tausende Flüchtlinge suchen in Europa eine neue Lebensgrundlage, konfrontieren uns mit der zum Himmel schreienden Not ganzer Völker auf unserer Erde.

Blühende Mandelzweige?

Ja! Denn das Wunder der Auferstehung, des neuen Lebens ereignet sich auch heute in vielen oft unscheinbaren Taten von Menschen, die lieben und sich für eine gerechtere Welt, eine bessere Zukunft für alle Menschen einsetzen.

Wir brauchen diese „blühenden Mandelzweige“. Wir brauchen Menschen, die auch in schwierigen Zeiten an der Liebe festhalten. Pfarrer Günter Gödde

Bischöflicher Beauftragter für den Ständigen Diakonat

Domvikar Günter Gödde

Zwöllfing 16
45127 Essen